Schock-Zustände an Berliner Hochschule: Die Uni der Angst

Ein jüdischer Student wurde brutal verprügelt, jetzt berichten seine Kommilitonen vom Judenhass auf dem Campus

Am 14. Dezember besetzten pro-palästinensische Studenten einen Hörsaal an der Freien Universität Berlin. Die Stimmung gegenüber Juden: extrem bedrohlich

Am 14. Dezember besetzten pro-palästinensische Studenten einen Hörsaal an der Freien Universität Berlin. Die Stimmung gegenüber Juden: extrem bedrohlich

Foto: WELT
Von: Luca-Marie Gmorczynski, janne hoppe und henri bockhöfer

Berlin – Die Uni sollte ein geschützter Ort sein, an dem die klügsten jungen Menschen für das Leben lernen, für den Fortschritt der Gesellschaft. Doch an der Freien Universität Berlin (FU) herrscht seit Monaten ANGST: Jüdische Studenten können sich dort nicht mehr sicher fühlen.

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober (1200 Tote) häufen sich die antisemitischen Vorfälle an der Berliner Universität. Am Freitag dann der gewaltvolle Höhepunkt: Ein pro-palästinensischer Student verprügelte seinen jüdischen Mitstudenten, Lahav Shapira, verletzte ihn schwer!

Nach brutaler Attacke in Berlin„Ich wurde verprügelt, weil ich Israel unterstütze“

Quelle: Keseht 12 News

Shapira engagierte sich seit dem Terror-Überfall gegen Judenhass an der Uni. Denn die antisemitischen Vorfälle stehen seit dem Hamas-Massaker auf der Tagesordnung. Studenten berichten von schockierenden Zuständen.

„FU ist kein sicherer Ort für mich“

Jüdische FU-Studenten wollen vor allem nach dem Angriff auf Shapira anonym bleiben. Zu groß ist die Sorge, selbst angegriffen zu werden. Denn auf dem Uni-Campus gehört offener Judenhass zum Alltag.

▶︎ Ein Student berichtete gegenüber BILD: „Auf einer Kundgebung waren ‚From Dahlem to Gaza, Yallah Intifada‘-Rufe zu hören. Jetzt der Übergriff auf unseren jüdischen Kommilitonen. Das alles macht Angst und Sorgen. Ich frage mich: Was kommt als Nächstes? Die Universität muss endlich Konsequenzen ziehen.“

▶︎ Eine Studentin erkennt ihre Uni seit dem Hamas-Überfall „kaum wieder“. Sie berichtet in BILD: „Kommilitonen haben sich von mir abgewandt, weil ich einen Bezug zu Israel habe und jüdisch bin.“ Aufrufe zur „Intifada“ (Bezeichnung für palästinensische Terror-Wellen) würden „tagtäglich auf dem Unigelände stattfinden“.

Ihr bitteres Fazit: „Die FU ist kein sicherer Ort für mich“, sie lerne oft „lieber zu Hause, weil ich an der Uni keinen Frieden finde“ und kein Tag ohne Antisemitismus vergehe. „Wenn das so weiter geht muss sich die Uni nicht wundern, wenn der Campus bald judenfrei ist.“ Von Uni-Präsident Prof. Günter Ziegler (60) ist sie „zutiefst enttäuscht“.

Uni-Präsident „relativiert und leugnet“ Zustände

Clara Nathusius, die die „Fridays for Israel“-Bewegung ins Leben gerufen hat und regelmäßig Veranstaltungen an der FU abhält, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Universitätsleitung. Sie mache sich „mitschuldig“, wenn sie „Monate hinweg das Aufkommen antisemitischer Stimmungen auf dem Campus herunterspielt und negiert“.

Nathusius zu BILD: „Aus Angst, selbst ins Visier linksradikaler Antisemiten zu geraten, lässt die Leitung jüdische Studierende den Kampf gegen Antisemitismus allein aufnehmen. Im Fall der FU können wir sehen: Wo Lehrende die Augen verschließen, ohne Stellung zu beziehen, dort breitet sich Hass rasant aus.“

Der Publizist Michel Friedman auf einer Veranstaltung von „Fridays for Israel“ an der Freien Universität. Organisatorin der Solidaritäts-Kundgebung ist Clara Nathusius (roter Schal)

Der Publizist Michel Friedman auf einer Veranstaltung von „Fridays for Israel“ an der Freien Universität. Organisatorin der Solidaritäts-Kundgebung ist Clara Nathusius (roter Schal)

Foto: IMAGO/Frank Gaeth

So sieht es auch Noam Petri (20), Vize-Präsident der jüdischen Studierendenunion. „Seit Monaten werden jüdische Studenten der FU bedroht. Am Freitag wurden aus Worten Taten“, so Petri zu BILD. Er übt deutliche Kritik am Uni-Präsidenten: „Herr Professor Ziegler relativiert und leugnet sogar teilweise diese Zustände. Bis heute gab es keine Konsequenzen für die antisemitischen Studenten.“

Gewalt-Aufrufe gegen Juden

Immer wieder werden in der Freien Universität antisemitische Flyer, Plakate und Sticker verteilt - etwa von der Initiative „Klasse gegen Klasse“ oder „Students For Palestine“. Transparente mit Parolen wie „Yallah Intifada“ sind nichts anderes als Terror-Aufrufe. Als Intifada werden die gewalttätigen Anschlagsreihen von palästinensischen Terroristen Ende der 1980er-Jahre und Anfang der 2000er in Israel bezeichnet, bei denen hunderte Juden starben.

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▶︎ 10. November: Auf einer Versammlung des Studentenparlaments wird ein Zeichen gegen Antisemitismus abgeschmettert. Der Antrag „Nie wieder ist jetzt – Gegen jeden Antisemitismus weltweit!“ der Juso-Hochschulgruppe fand KEINE Mehrheit.

14. Dezember: Pro-Palästinensische Studenten besetzen einen Hörsaal in der FU. Kritischen Studenten wird der Zugang verweigert, die Universität schaut zu. Erst nach mehreren Stunden wird der Hörsaal durch die Polizei geräumt. Die Universitätsleitung kündigte nach der Besatzung Hausverbote an – bis heute wurden diese aber nicht vollzogen. Warum griff die FU nicht härter durch? „Wir können nicht, wenn irgendwo, irgendjemand eine Äußerung macht, gleich den Saal räumen“, so Uni-Präsident Günter Ziegler zum RBB.

▶︎ 4. Februar: Die Universität reagiert erstmals öffentlich auf den Vorfall. Auf X (vormals Twitter) antwortet sie auf den Beitrag einer Journalistin: „Wir sind tief betroffen. Die Freie Universität Berlin steht für Offenheit und Toleranz und distanziert sich von jeglicher Form von Hetze und Gewalt.“ Kein Wort von der antisemitischen Dimension des Übergriffs! Selbst ein Professor der FU, Stefan Liebig, kritisiert auf X die Reaktion der Uni als „nichtssagend“.

Erst am Montag zieht die Uni nach, Ziegler zeigt sich „zutiefst entsetzt über den brutalen, mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriff auf einen jüdischen Studenten unserer Universität“.

BILD fragte Uni-Präsident Ziegler, ob er die Intifada-Aufrufe als antisemitische Gewaltaufrufe betrachtet. Wie viele Treffen er persönlich mit jüdischen Studenten hatte. Was er konkret getan habe, um die antisemitische Stimmungsmache an der FU zu unterbinden. Dies beantwortete Ziegler nicht.

Unis dürfen „keine No-go-Areas für Juden werden“

In BILD warnt Josef Schuster (69), Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, dass „die Universitäten keine No-go-Areas für Juden werden, sondern ein sicheres Umfeld für jüdische Studierende schaffen und Extremisten keinen Raum geben“ sollten. „Spätestens wenn die verbale Gewalt in physische Gewalt umschlägt, sollte die Bedrohungslage allen klar sein.“ An Ziegler gerichtet sagte Schuster: „Die Beschwichtigungstaktik und die Ausflüchte der Hochschulleitung müssen endlich ein Ende haben.“

Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (55, FDP) macht auf BILD-Nachfrage klar: „Hochschulen sind Orte maximaler Freiheit, aber sie sind keine rechtsfreien Räume. Diese Gewalt macht fassungslos und zeigt, wohin Israel- und Judenhass führt.“ In Richtung Ziegler gerichtet sagt die Ministerin: „Hochschulleitungen müssen daher von allen ihnen rechtlich zustehenden Möglichkeiten Gebrauch machen. Ein Wegsehen ist inakzeptabel.“

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