Nun ist es offiziell: 2023 war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen und damit wohl auch das wärmste Jahr seit mehr als 100.000 Jahren. Weltweit lag es erstmals beinahe 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Durchschnitt – der Grenze in der Klimakrise, die die Staaten der Welt einst versprochen hatten, nicht überschreiten zu wollen.

Besonders stark stiegen die Temperaturen in Nordamerika. Von Mai bis Oktober brannten in Kanada Megafeuer – Waldbrände, die so groß sind, dass sie sich nicht mehr löschen lassen. Mehr als dreimal so viel Fläche wie jemals zuvor verbrannte. Anfang Juli legte sich der Rauch sogar über New York, der Himmel über der Stadt färbte sich orange. 

Auch die Meere erwärmten sich seit März weit stärker, als jemals zuvor gemessen wurde. Gerade der Nordatlantik war monatelang viel zu warm. Vor Florida kam es zu großen Korallenbleichen.

Im Juli begann dann El Niño, ein natürliches, alle paar Jahre wiederkehrendes Wetterphänomen, das zunächst die Temperaturen an der Pazifikküste vor Südamerika steigen lässt. Typischerweise sind El-Niño-Jahre besonders warm – und heizen den Planeten zusätzlich zur Erderwärmung auf.

Europa erlebte vor allem im Sommer besonders heiße Tage. Die Hitzewelle in Südeuropa im Juli sei ohne den Klimawandel "praktisch unmöglich" gewesen, erklärten Forschende der World-Weather-Attribution-Initiative. Auf Sizilien wurden zu dieser Zeit mehr als 36 Grad gemessen.

Auf die Hitze folgten verheerende Waldbrände. Auf der griechischen Insel Rhodos mussten 20.000 Menschen vor den Feuern in Sicherheit gebracht werden. Und damit nicht genug: Kaum waren die Feuer gelöscht, brachte Sturmtief Daniel riesige Überschwemmungen. Wieder traf es Griechenland. Aber nicht nur.

In Libyen war die Flut noch dramatischer: Große Teile der Hafenstadt Darna wurden zerstört. Mehr als 11.000 Menschen starben, über 40.000 verloren ihr Zuhause. Starkregen werden durch den Klimawandel häufiger, weil die Luft bei hohen Temperaturen mehr Wasser speichern kann.

Selbst in der Antarktis verzeichneten Forschende einen besorgniserregenden Rekord: Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen habe sich das Meereis dort während des Winters auf der Südhalbkugel so wenig ausgedehnt wie im Jahr 2023. 


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Die aktuelle Jahresbilanz von Copernicus, dem Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, zeigt: Seit der Mensch im Jahr 1850 begonnen hat, das Wetter zu dokumentieren, war kein einziges Jahr so warm wie 2023. Mit einer durchschnittlichen weltweiten Temperatur von 14,98 Grad sei 2023 um 0,17 Grad wärmer als das bisherige Rekordjahr 2016. Abgesehen von Australien seien die Temperaturen auf allen Kontinenten rekordverdächtig gewesen.

Dabei hatte 2023 relativ normal angefangen. Noch Anfang des Jahres befand sich die Welt in einer La-Niña-Phase, die die Temperaturen typischerweise niedriger ausfallen lässt, als sonst zu erwarten wäre. Im Frühjahr war es damit vorbei – und prompt wurde es wärmer. Selbst die Weltmeere, die sich eigentlich langsamer erwärmen, heizten sich rasant auf. Schon bald lag auch die Lufttemperatur weltweit höher als jemals zuvor gemessen. Ab Juni war dann jeder einzelne Monat des Jahres weltweit im Schnitt der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen.  

Nur knapp schrappte der Planet an der 1,5-Grad-Marke vorbei, auf die die Staaten der Welt die Erderwärmung begrenzen wollen. Mit 1,48 Grad mehr als im vorindustriellen Vergleichszeitraum von 1850 bis 1900 lag die Durchschnittstemperatur nur wenig darunter. Würde man die Berechnung in zwei Monaten für den Zeitraum von Februar 2023 bis Februar 2024 wiederholen, schreiben die Forschenden, würden die 1,5 Grad höchstwahrscheinlich überschritten werden. 

Ein einzelnes Jahr über 1,5 Grad Celsius Erderwärmung bedeutet noch nicht, dass das Versprechen aus Paris gebrochen wurde. Bei den Klimaschutzverhandlungen der Staaten geht es um den langjährigen Trend. Die Temperatur auf der Erde schwankt, manche Jahre sind wärmer, andere etwas kühler. Dennoch zeigt 2023, wie gefährlich nah die 1,5-Grad-Grenze bereits ist.

Neben dem seit Juli anhaltenden El Niño könnten auch der Ausbruch des Vulkans Hunga Tonga in der Südsee 2022, verstärkte Sonnenaktivität und ein Verbot von Schwefelemissionen in der Schifffahrt zu den Rekordwerten beigetragen haben.

Sicher ist: Der menschengemachte Klimawandel ist der stärkste Treiber. Solange die Menschheit weiter Kohle, Gas und Öl verbrennt, werden die Temperaturen noch weiter steigen. Sollte die 1,5-Grad-Grenze in einigen Jahren überschritten werden, dann wäre 2023 kein Rekordjahr mehr – sondern das neue Normal. Die Hitzewellen, Waldbrände und Überschwemmungen zeigen schon heute, wie eine Welt bei 1,5 Grad aussehen dürfte.