Autor(en):
Kocaman A*, Altun G, Kaplan AA, Deniz ÖG, Yurt KK, Kaplan S.
* Department of Histology and Embryology, Medical Faculty, Ondokuz Mayıs University, Samsun.
Türkei
Veröffentlicht in:
Environ Res 2018; 163: 71-79
Veröffentlicht: 01.05.2018
auf EMF:data seit 12.07.2018
Weitere Veröffentlichungen:
Schlagwörter zu dieser Studie:
Wachstum von Krebszellen, Tumorpromotion  |  Genotoxizität
Reviews/Übersichtsarbeiten
zur EMF:data Auswertung

Genschädigende und Krebs erregende Wirkung von nicht-ionisierenden elektromagnetischen Feldern.

Genotoxic and carcinogenic effects of non-ionizing electromagnetic fields.

Original Abstract

Exposition:

EMF allgemein

EMF:data Auswertung

Einleitung

Die stark wachsende Nutzung der drahtlosen Kommunikation ist inzwischen die Hauptquelle für weltweite Umweltverschmutzung geworden, sie ist eine Bedrohung für die Umwelt und das Leben der Menschen. Mit der weltweiten Verbreitung von elektrischen Geräten sind elektromagnetische Felder ein besonders bedeutendes Phänomen geworden, eins, das gesundheitliche Bedenken erzeugt. Neben den natürlichen elektromagnetischen Feldern sind Menschen den künstlichen von Mobilfunk, Computern und vielen anderen Geräten ausgesetzt. Die Frage, ob elektromagnetische Felder schädlich oder nützlich sind, wird immer wieder diskutiert. Viele Studien haben Schädigung von Lebewesen durch elektromagnetische Felder gezeigt, aber es gibt auch Studien mit sichtbarem therapeutischem Nutzen, z. B. Verbesserung der Reparaturmechanismen in Knochen und Knorpel. Elektromagnetische Felder wirken mit Frequenz und Wellenlänge auf Lebewesen ein, darauf beruht auch die biologische Wirkung. Der Zweck dieser Arbeit ist, die Forschungsarbeiten zusammenzustellen, die den Zusammenhang sowohl für nieder- als auch hochfrequente Felder mit Genschädigung und Krebs untersucht haben. Ein weiteres Ziel ist zur Diskussion beizutragen, ob elektromagnetische Felder gefährlich für Menschen sind oder nicht.

Quelle: ElektrosmogReport April 2018

Studiendesign und Durchführung

Die Autoren haben experimentelle Arbeiten (in vitro und in vivo) und epidemiologische Studien herangezogen, die verschiedenen Frequenzen untersucht haben. Für niederfrequente Felder von 50 Hz (1x 60 Hz) sind 17 Studien (2013–2016) aufgeführt, davon haben 9 Gentoxizität und 8 Karzinogenität behandelt, im HF-Bereich (10–2100 MHz) waren es 12 bzw. 5 Studien (2014–2017).

Ergebnisse

Im Niederfrequenzbereich sind die Ergebnisse höchst widersprüchlich, neuere Arbeiten legten den Fokus auf die mögliche gen- und nervenschädigende Wirkung und auf Krebs. Die Genschädigung scheint auf der Bildung von freien Radikalen zu beruhen. Die elektromagnetischen Felder schädigen DNA, RNA, Proteine und Membranlipide durch oxidativen Stress nach der Fenton-Reaktion in den Mitochondrien. In mehreren Schritten erfolgt am Ende entweder Nekrose oder Apoptose. Die verschiedenen in vivo- und in vitro-Studien erklären verschiedene Mechanismen der genotoxischen Wirkung (DNA-Brüche, Störung der Homöostase, Lipidperoxidation, Mikrokerne u.a.).

Die Krebs erregende Wirkung niederfrequenter Felder wurde durch epidemiologische Studien zuerst für Kinderleukämie durch festgestellt und später mit anderen Experimenten und epidemiologischen Berechnungen bestätigt. Im Hochfrequenzbereich sind die Studienergebnisse widersprüchlich, die meist gefundene genschädigende bzw. Krebs erregende Wirkung beruht ebenfalls auf oxidativem Stress, wenn auch einige Studien keine Schädigungen fanden. Aus den in vivo- und in vitro-Studien geht hervor, dass es starke Beweise für Krebs erregende Wirkung von Hochfrequenz gibt, dies wird durch epidemiologische Studien nicht bestätigt. Es müssen weitere solche Studien durchgeführt werden.

Die widersprüchlichen Ergebnisse belegen die schwierige Auswertung. Jede Studienart hat Vor- und Nachteile, je nach Fallzahlen, Dosimetrie, Versuchsansatz. Dazu kommt, dass verschiedene internationale (WHO, ICNIRP, IARC) und lokale Institutionen widersprüchliche Berichte über Strahlenwirkungen veröffentlichen. Experimente im Labor erzeugen glaubwürdigere Ergebnisse als epidemiologische Studien, weil man größere Datenzahlen hat und Wirkungsmechanismen erhält. Andererseits liefert die Epidemiologie Daten zu Wirkungen auf Menschen. Stimmen die Ergebnisse der verschiedenen Studienarten überein, sollte der Kausalzusammenhang erwiesen sein. Das wird durch die Studien des NTP-Programms 2016 (Flagschiff der US-Regierung) bestätigt, eine Langzeit-Tierstudie zu Mobilfunk mit Feldstärken, denen Menschen täglich ausgesetzt sind. Sie ergab, dass Ratten signifikant mehr sehr seltene bösartige Hirntumore bekamen als unbestrahlte Tiere, ebenso Tumoren im Nervengewebe des Herzens; epidemiologische Studien zeigen erhöhte Raten von Hirntumoren und Akustikus-Neurinomen.

Schlussfolgerungen

Die widersprüchlichen Daten und Interpretationen ändern nichts daran, dass die Schädlichkeit für Lebewesen gegeben ist. Indirekte Schäden über DNA-Brüche und oxidativen Stress sind gut dokumentiert. Menschen in Städten sind täglich vielen verschiedenen Feldquellen ausgesetzt und über die Zeit könnten Schäden durch erhöhte ROS-Produktion entstehen, wo sehr kurzzeitige Bestrahlung mit geringer Feldstärke keine Wirkung gefunden wird. Die HF-Studien in vitro und in vivo ergaben klare Beweise für Krebs erregende Wirkung. Die Epidemiologie bedarf dringend weiterer Forschung. Elektromagnetische Felder wirken indirekt auf Zellbestandteilen ein, Nieder- und Hochfrequenz haben andere Mechanismen der DNA-Schädigung. Elektromagnetische Felder sind Energie und sie beschleunigen die Entropie in jedem Objekt in der Umwelt. Langfristig kann die Homöostase gestört werden, deshalb kann man elektromagnetische Felder nicht als ungefährlich betrachten; es muss Schutzmaßnahmen für die Gesundheit geben.