Umstrittene Disziplinarkammer :
Polen signalisiert Einlenken im Streit mit der EU

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Anfang Juli: Demonstranten vor der dem Obersten Gerichtshofs in Warschau
Seit Jahren streiten die EU und Warschau über die polnische Justizreform. Nun sagt Vizepremier Kaczynski, sein Land werde die umstrittene Einrichtung zur Disziplinierung von Richtern abschaffen. Das habe man ohnehin vorgehabt.

Polen hat ein Einlenken im Dauerstreit mit der EU angekündigt und will seine umstrittene Einrichtung zur Disziplinierung von Richtern abschaffen. „Wir werden die Disziplinarkammer in ihrer jetzigen Form auflösen und damit verschwindet auch dieses Streitthema“, sagte Vizepremier Jaroslaw Kaczynski am Samstag der Nachrichtenagentur PAP. Der Chef der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gilt als der eigentliche starke Mann Polens.

Die 2018 eingerichtete Disziplinarkammer am Obersten Gericht des Landes galt als das Herzstück der umstrittenen Reformen des polnischen Justizsystems der nationalkonservativen PiS-Regierung. Die Kammer kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen. Kritiker befürchten, sie könne dazu dienen, Richter für unbotmäßige Entscheidungen zu maßregeln. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte Mitte Juli geurteilt, dass die Disziplinarkammer gegen EU-Recht verstoße, weil sie „nicht alle Garantien für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit“ biete. Zugleich setzte der EuGH Polen eine Frist bis Mitte August, um die Entscheidung umzusetzen. Ansonsten hätten Strafzahlungen gedroht.

Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur PAP verteidigte Kaczynski nun zunächst die Justizreform gegen Vorwürfe aus der EU und wies das Urteil zurück. „Ich erkenne solche Urteile nicht an“, sagte er. Der EU-Gerichtshof überschreite seine Kompetenzen, indem er sich in nationale Hoheitsrechte einmische. Kaczynski sagte weiter, die Disziplinarkammer sollte nach den Plänen des polnischen Justizministeriums ohnehin aufgelöst werden. Das habe man schon vor dem EuGH-Urteil diskutiert.

Zuvor hatte bereits die Präsidentin des Obersten Gerichts in Polen, Malgorzata Manowska, die Disziplinarkammer von einigen Aufgaben entbunden. Der Kammer sollten demnach keine neuen Disziplinarverfahren von Richtern oder Staatsanwälten mehr übertragen werden, wie PAP am Freitag meldete. Die Europäische Union streitet seit Jahren mit Warschau über Justizreformen der nationalkonservativen Regierung. Die EU-Kommission hat bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.