Zur Diskussion über schwarze Löcher durch schwarze Nullen
Wenn Verantwortliche in einem Unternehmen 17 Milliarden Euro in den Sand setzen, werden sie gefeuert. Wenn Minister der Bundesregierung 17 Milliarden in den Sand setzen, versuchen sie die Verluste auszugleichen, indem sie diejenigen zu bestehlen versuchen, die eh schon nicht genug zum Leben haben. Mit diesen Worten kann man die derzeitige Diskussion über das Milliardenloch im Bundeshaushalt zusammenfassen.
Mit der Forderung, einfach mal freihändig das Bürgergeld zu kürzen, erwecken Vertreter von CDU und FDP den Eindruck, die Höhe des Bürgergeldes sei nicht gesetzlich festgelegt, sondern eine Art Taschengeld, das nach Gutdünken gewährt oder verweigert werden oder auf einen Betrag reduziert werden kann, mit dem man am Stammtisch in bierseliger Runde noch Wählerstimmen gewinnen kann. „Gnadenbrot statt Rechtsanspruch“, das ist die Leitlinie, nach der Erwerbslose, Migranten, Obdachlose und Bezieher von Grundsicherung zurzeit behandelt werden.
Ganz und gar widerwärtig finden wir die Diskussion über eine Verschiebung der Kindergrundsicherung. Laut der erst kürzlich vom Kinderhilfswerk UNICEF veröffentlichten Studie „Kinderarmut inmitten von Wohlstand“ leben hierzulande inzwischen drei Millionen Kinder in Armut. Und die aktuelle PISA-Studie hat gerade wieder festgestellt, dass Jugendliche in Deutschland in allen Kompetenzbereichen auf die niedrigsten Werte abgefallen sind, die von PISA je gemessen wurden. Wobei Kinder aus finanzschwachen Haushalten zudem 111 Punkte hinter anderen Kindern liegen.
Kindergrundsicherung und Bürgergeld zu niedrig
Die Höhe der Kindergrundsicherung ist schon in der ursprünglich beschlossenen Variante zu niedrig. Ebenso wie das Bürgergeld, das zwar von 502 auf 563 Euro angehoben werden soll, nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes aber mindestens bei 813 Euro liegen müsste, um den Menschen die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen.
Der immer wieder geforderte „Lohnabstand“ kann auch anders eingehalten werden, als Erwerbslosen verfassungsmäßig zustehende Leistungen zu verweigern. Zum Beispiel dadurch, Niedriglöhne so anzuheben, dass Berufstätige nicht zusätzlich Bürgergeld beantragen müssen. Rund 30% der Bürgergeld-Bezieher sind heute schon sogenannte Aufstocker – also Menschen, deren Lohn trotz Arbeit nicht zum Leben reicht.
Die Forderung, Menschen in Arbeit zu bringen, statt sie mit Steuergeldern zu alimentieren, finden wir allerdings grundsätzlich sinnvoll. Vorzugsweise diejenigen, die steuerfinanzierte Diäten kassieren und sich mit populistischem Geplapper auf Kosten der Ärmsten zu profilieren versuchen. Eine sinnvolle Tätigkeit, beispielsweise in der Pflege, würde ihnen guttun. Dann wüssten sie künftig wenigstens, wovon sie reden.
Andere Wege, 7.12.23