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Deutschland Verzicht auf Preis

Cohn-Bendit will „das“ nicht im Wahlkampf

Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit: „Ich kann auch ohne den Preis leben, ich weiß, was ich für Deutschland und Frankreich getan habe“ Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit: „Ich kann auch ohne den Preis leben, ich weiß, was ich für Deutschland und Frankreich getan habe“
Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit: „Ich kann auch ohne den Preis leben, ich weiß, was ich für Deutschland und Frankreich getan habe“
Quelle: dpa/mut lre
Der wegen Pädophilie-Vorwürfen umstrittene Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit hat seinen Verzicht auf den Deutsch-Französischen Medienpreis begründet: „Dann wird das instrumentalisiert im Wahlkampf.“

Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit (Grüne) hat sich zu seinem Verzicht auf den Deutsch-Französischen Medienpreis geäußert. Bei der Vergabe eines von Medien vergebenen Preises wenige Wochen vor der Bundestagswahl würde vermutlich erneut diskutiert, ob man zur Verleihung gehen dürfe, und nicht, weshalb er den Preis bekomme, sagte der 68-Jährige auf Anfrage. „Dann wird das instrumentalisiert im Wahlkampf.“

Dies sei unwürdig für den Preis, erklärte Cohn-Bendit seinen Verzicht: „Und deswegen sage ich: Ich kann auch ohne den Preis leben, ich weiß, was ich für Deutschland und Frankreich getan habe.“ Vielleicht werde man darüber zu einer anderen Zeit in einem anderen Zusammenhang reden können.

In seiner Erklärung ging Cohn-Bendit nicht darauf ein, was nach seiner Befürchtung instrumentalisiert werden könnte: nämlich die Debatte um Pädophilie-Vorwürfe gegen ihn. Diese war wieder hochgekocht, nachdem bekannt geworden war, dass er den Theodor-Heuss-Preis erhalten sollte.

Der 68-Jährige hatte bereits am Montag Berichte bestätigt, nach denen seine Erfahrung mit dem negativen Echo rund um die kürzlich erfolgte Verleihung des Theodor-Heuss-Preises ausschlaggebend für die Entscheidung war, auf den Deutsch-Französischen Medienpreis zu verzichten. Letzteren sollte Cohn-Bendit ursprünglich am 4. Juli in Paris für sein Eintreten für die europäische Integration und die Fortentwicklung der europäischen Demokratie erhalten.

Cohn-Bendit äußert sich reuevoll

Worum drehen sich die Vorwürfe? In seinem Buch „Der große Basar“ hatte Cohn-Bendit 1975 seine Zeit in einem anti-autoritären Kindergarten thematisiert und dabei auch Intimitäten mit Kindern beschrieben.

Er selbst sowie Kinder und Eltern von damals betonten, es habe keinen Missbrauch gegeben. Bei der Verleihung des Theodor-Heuss-Preises hatte der 68-Jährige zudem betont, seine damaligen Äußerungen – etwa über erotische Spiele mit Kindern – seien eine „unerträgliche Provokation“ und hätten „so nicht geschrieben werden dürfen“. Cohn-Bendit ordnete sie ein in den historischen Kontext der 68er-Bewegung, die von Tabu-Brüchen geprägt gewesen sei.

Ausgelöst hatte die jüngste Pädophilie-Debatte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle; er hatte seine Festrede für Cohn-Bendit bei der Verleihung des Theodor-Heuss-Preises abgesagt. „So ein Text hätte nie geschrieben werden dürfen“, wiederholte Cohn-Bendit am Montag. Er habe das aber vor 40 Jahren getan, und nun gehöre dies zu seiner Biografie. „Einige haben den Ermächtigungsgesetzen zugestimmt in Deutschland und sind dann sehr wichtige Politiker für Deutschland geworden. Das kriegen sie auch in ihrer Biografie nicht weg. Das ist so.“

Zu seiner Biografie müsse man stehen. Er verwies auf den Satz, den er bei der Preisverleihung in Stuttgart gesagt hatte: „Kritisiert mich für das, was ich geschrieben habe, aber jagt mich nicht für etwas, was ich nicht getan habe.“ Das sei seine Stimmung, sagte er. „Ich bin zwischen entsetzt und genervt und enttäuscht.“

Kein Interesse an voller Transparenz?

Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sind Archivunterlagen, die Transparenz in die Pädophilie-Vorwürfe bringen könnten, in der Heinrich-Böll-Stiftung bis zum Jahr 2031 gesperrt. Darunter sollen sich ebenso Korrespondenzen zu dem Skandalbuch „Der Große Basar“ wie auch Protest- sowie Solidaritätsbriefe von Eltern befinden, heißt es in dem Bericht. Cohn-Bendit selbst wies eine Verantwortung für die Sperrung allerdings zurück.

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Wie die „F.A.S.“ weiter berichtet, soll es unter der Verantwortung des Grünen noch zu weiteren pädophilen Äußerungen gekommen sein. So stand im „Pflasterstrand“, einem Magazin für die Frankfurter Linke (1977 bis 1990), Texte wie dieser aus dem Jahr 1978 unter der Überschrift „Gedanken eines Sauriers“: „Letztes Jahr hat mich ein 6jähriges Genossenmädchen verführt. Es war eines der schönsten und sprachlosesten Erlebnisse die ich je hatte ... und es ist jetzt auch nicht wichtig, ein Traktat über das für und wider von Päderastie zu schreiben.“ Cohn-Bendit zeichnete damals als presserechtlich Zuständiger für den „Plasterstrand“.

Im Jahr 1980 wurde in der Publikation laut dem Bericht zudem ein Text über „Abschussquoten von Kindern“ veröffentlicht – eine zynisch anmutende Anspielung auf die damals geführte Debatte über die Zulässigkeit von, wie pädophile Aktivisten es bezeichneten, „Sex mit Kindern“. Cohn-Bendit selbst hatte dazu im Jahr 1982 im französischen Fernsehen bei einer Talkshow gesagt: „Die Sexualität eines Kindes ist etwas Fantastisches.“ Das Video zu der Gesprächsrunde ist von Gegnern des Politikers mehrmals mit polemischen Überschriften auf YouTube hochgeladen worden. Unter anderem sagte Cohn-Bendit damals: „ ... wenn ein kleines fünfjähriges Mädchen beginnt, Sie auszuziehen: Es ist großartig, weil es ein Spiel ist. Ein wahnsinnig erotisches Spiel.“

dpa/jw

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