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NSA-Abhörskandal Bundeswehr soll schon 2011 von Prism gewusst haben

Das Bundeswehr-Kommando in Afghanistan soll schon 2011 über das US-Spähprogramm Prism informiert worden sein. Das geht aus einem Dokument der Nato hervor, berichtet die "Bild"-Zeitung. Das Verteidigungsministerium prüft den Vorgang.
Verteidigungsminister de Maizière, Generalmajor Kneip: War Prism schon 2011 bekannt?

Verteidigungsminister de Maizière, Generalmajor Kneip: War Prism schon 2011 bekannt?

Foto: Michael Kappeler/ picture alliance / dpa

Berlin - In der Affäre um die Überwachungsprogramme der USA gerät nun die Bundeswehr in den Verdacht, schon sehr früh von dem Spähprogramm Prism gewusst zu haben. Die "Bild"-Zeitung berichtet über ein geheimes Nato-Papier aus Afghanistan, in dem das Hauptquartier den Regionalkommandeuren konkrete Befehle zum Umgang mit dem Programm Prism gibt. Das Papier ging nach Angaben des Blattes auch im deutschen Verantwortungsbereich in Nordafghanistan ein, der damals von Generalmajor Markus Kneip geführt wurde.

Bestätigt sich der Bericht, bräche die Legende der deutschen Ahnungslosigkeit über die US-Programme endgültig zusammen. Konkret wird den Kommandeuren in Afghanistan vom Hauptquartier in einem Dokument geschildert, wie sie mit Prism umgehen sollen. In dem Papier wird das Überwachungsprogramm direkt dem US-Geheimdienst NSA zugeordnet.

"Alle Anträge (zur Überwachung) werden in PRISM eingegeben"

In dem Tagesbefehl vom 1. September 2011 werden laut "Bild"-Zeitung die Regionalkommandeure angewiesen, wie sie vom 15. September 2011 an die Überwachung von Telefonverbindungen und E-Mails beantragen sollten. Dazu heiße es: "Alle Anträge (zur Überwachung) werden in PRISM eingegeben."

Weiter heißt es in dem Dokument, dass der Zugang zum Überwachungsprogramm Prism über das geheime US-Geheimdienst-Computernetzwerk JWICS geregelt sei. "Die Regionalkommandos nutzen militärisches oder ziviles US-Personal, um Zugang zu JWICS zu erlangen", steht in dem Text. "Militärisches oder ziviles US-Personal" soll sich laut "Bild"-Zeitung auf Angehörige der US-Geheimdienste beziehen.

Ministerium reagiert zurückhaltend

Die Zeitung berichtete außerdem über ihr vorliegende Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass auch der Bundesnachrichtendienst (BND) solche Telefonnummern an die Nato geliefert und somit in das Überwachungssystem eingespeist habe.

Begründung für den Befehl: "Der Direktor der NSA" habe das US-Militär beauftragt, die Überwachung in Afghanistan zu koordinieren. Man erfülle mit dem Befehl "Funktionen und Zuständigkeiten der NSA".

Das Verteidigungsministerium reagierte zurückhaltend auf den Medienbericht, dementierte ihn aber auch nicht. Ein Sprecher sagte, es lägen "keine Informationen und Erkenntnisse zu einer entsprechenden Weisung" vor. Weitere Prüfungen zu dem Vorgang würden allerdings noch laufen. Auch das Nato-Hauptquartier in Kabul konnte am Mittwochmorgen noch keine Stellungnahme zu dem Bericht liefern.

Grüne fordern Erklärung vom Verteidigungsminister

Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour forderte gegenüber SPIEGEL ONLINE, "Verteidigungsminister de Maizière muss sich umgehend erklären". Er sagte weiter: "Dieser Sachverhalt sprengt alle Verteidigungslinien der Bundesregierung." Die Koalition könne "nicht mehr behaupten, dass sie nichts von Prism gewusst hat", so der Grünen-Bundestagsabgeordnete.

Die USA forderten indes den Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden erneut zur Rückkehr auf. Er hatte unter anderem Prism enthüllt und wird von den US-Behörden gesucht. "Er sollte nach Hause kommen und den Mut haben, sich den Anschuldigungen zu stellen", sagte US-Außenamtssprecher Patrick Ventrell. Snowden hatte am Dienstag vorübergehendes Asyl in Russland beantragt.

mgb/heb/dpa/Reuters