Detter
Nachruf

Ein persönlicher Nachruf zum Tod von Jörg Heinle

Der Familienvater und Trainer des SV Detter-Weißenbach verstarb im Alter von nur 40 Jahren.
Typische Pose: Jörg Heinle in der Vereinskluft des SV Detter-Weißenbach mit der obligatorischen Kaffeetasse. Foto: ssp
Typische Pose: Jörg Heinle in der Vereinskluft des SV Detter-Weißenbach mit der obligatorischen Kaffeetasse. Foto: ssp

J örg Heinle liebte den Fußball und in seiner aktiven Zeit besonders natürlich das Toreschießen. Als der FC Bad Brückenau in der Saison 2002/2003 unter Coach Jürgen Sykora in die Bezirksoberliga aufstieg, da gehörte Jörg Heinle mit seinen damals 21 Jahren zu den "Jungen Wilden" im Team, war da schon für seine Kaltschnäuzigkeit und Cleverness vor des Gegners Kasten bekannt und bei den Sinnstädtern auch in den Folgejahren eine feste Größe.

"Dieses Team von damals war das beste, in dem ich jemals gespielt habe", sagte Heinle vor einigen Monaten im persönlichen Gespräch. "Es war ja eigentlich eher eine Rhön-Auswahl mit ganz vielen talentierten Spielern wie Frank Klein, Deni Degelmann, Marco Fiedler, Harald Reim, Nico Schell und vielen weiteren guten Fußballern aus der Region. Und natürlich mit einem Udo Baum im Tor. So eine starke Truppe hat es später wohl nie wieder in Bad Brückenau gegeben", erinnerte sich Heinle gerne zurück. "Es war eine tolle Zeit, die Meisterschaft in der Bezirksliga war hochverdient. Es war einfach ein tolles Team."

Auch dem FC-Stürmer Heinle gelang damals fast alles. Als die Sinnstädter in einem Freundschaftsspiel gegen den FC Schweinfurt 05 antraten, die frisch in die 2. Bundesliga aufgestiegen waren, da netzte Heinle in seiner unnachahmlich abgezockten Art selbst gegen die "Schnüdel" cool ein. Der FC 05 sollte zwar letztlich mit 1:5 gewinnen, aber Jörg Heinles Tor gegen die Profis ging in das Geschichtsbuch des Bad Brückenauer Fußballs ein. Dem FC Bad Brückenau blieb Heinle fortan immer verbunden, auch als er selbst schon längst nicht mehr die Kickstiefel schnürte.

Wenn es der Dienstplan erlaubte, dann schaute er gerne bei Heimspielen des FC vorbei, traf dort Freunde, Bekannte, sportliche Weggefährten. Die sportlichen Rückschläge der Sinnstädter verfolgte Heinle durchaus mit Sorge und bangem Blick in die Zukunft. "Der FC Bad Brückenau hat sich im Bereich Fußball viele Jahre nicht mehr selbst in der Jugendarbeit engagiert. Es erstaunt mich daher immer wieder, dass es dennoch gelingt, eine schlagkräftige, eigenständige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Aber der FC ist irgendwie doch ein echtes Phänomen", hatte Heinle vor einiger Zeit beobachtet.

Als ihn die Verantwortlichen seines Heimatvereins SV Detter-Weißenbach vor vier Jahren fragten, ob er das Training in Detter übernehmen wolle, da zögerte Heinle einen kurzen Augenblick, denn längst waren Familiengründung und berufliche Tätigkeit in den Vordergrund der eigenen Lebens gerückt. "Aber die haben mich immer wieder so nett gefragt, dass ich sie dann doch nicht hängenlassen wollte", so Heinle. "Die haben mich quasi überredet." Etwas unverhofft hätte Jörg Heinle den SV Detter-Weißenbach im Jahr 2019 dann sogar beinahe zum größten Erfolg der noch jungen Vereinsgeschichte geführt.

Erst 1992 war der Verein gegründet worden und spielte seitdem immer in der untersten Spielklasse. Als Fünftplatzierter der B-Klasse Rhön 1 erreichte der SV Detter-Weißenbach 2019 die Teilnahme an der Aufstiegsrelegation, weil nicht weniger als drei Teams auf die Relegation verzichteten. In Waldberg kämpfte die Elf von Jörg Heinle bravourös gegen die SG Ginolfs/Weisbach/Unterweißenbrunn/Frankenheim II und stand am Ende doch komplett mit leeren Händen da durch die 2:3-Niederlage.

"Im Moment überwiegt einfach nur die Enttäuschung, auch wenn meine Mannschaft ein tolles Spiel abgeliefert hat", sagte Heinle seinerzeit sichtlich geknickt. "Die kämpferische Einstellung hat gepasst. Es wäre etwas drin gewesen für uns." Heinle blieb dem SV Detter-Weißenbach trotzdem als Coach erhalten, weil er den großen Zusammenhalt und die Kameradschaft im Team zu schätzen wusste. Ein Aufstieg sollte ihm als Coach verwehrt bleiben.

Als Jörg Heinle vor wenigen Wochen von dem Projekt eines ersten Rhöner Fußballpodcasts erfuhr, war er sofort Feuer und Flamme, versorgte die Redaktion am Telefon mit Informationen rund um den späteren Podcast-Gast Maximilian Ertz, gab viele Tipps, Hinweise und Hilfestellung für interessante Fragen rund um den SV Detter-Weißenbach und wünschte dem gesamten Podcast-Team gutes Gelingen.

Einer, der nie gerne im Mittelpunkt stand

Jörg Heinle war nie ein Mensch, der selbst gerne im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stand. Wer ihn als aktiven Fußballer selbst erlebt hat, der war häufig sehr erstaunt, wie ein zuweilen etwas unbeteiligt und emotionslos dreinschauender Kicker in entscheidenden Momenten vor dem Tor förmlich explodierte und aus "Halbchancen" mit einer tollen Schusstechnik einen Treffer machte. Auch wenn der Fußball stets die ganz große Leidenschaft von Jörg Heinle war, auf dem Fußball-Platz sah man ihm weder Euphorie noch Frustration noch Verärgerung an.

Der Knipser mit dem Pokerface

Heinle, der in jungen Jahren dem Punkrock als großer Fan verschrieben war, galt als begnadeter "Knipser mit Pokerface", der sich nicht in die Karten schauen lässt. Er selbst hätte sich niemals so bezeichnet, dafür wäre er viel zu bescheiden gewesen. Trubel um seine Person war im stets in höchstem Maße unangenehm. Heinle arbeitete als Anästhesiepfleger im Bad Brückenauer Krankenhaus, war Familienmensch und liebte den Fußball bis zuletzt als Ausgleich zum Alltag.

Er war sicher nicht der "Lautsprecher" unter den Trainern der Region, zeigte aber immer klare Kante und vertrat die Farben seines Heimatvereins nicht ohne Stolz. Junge Spieler zu fordern und fördern, war sein Credo. Sich selbst hätte er nur dann im extremen Notfall eingewechselt, wenn wirklich niemand mehr zur Verfügung gestanden hätte. Obwohl er es persönlich als Spieler bis in die seinerzeit extrem stark besetzte Bezirksoberliga geschafft hatte, waren ihm Hochmut oder Überheblichkeit Zeit seines Lebens völlig fremd. Sein plötzlicher Tod im Alter von nur 40 Jahren kommt viel zu früh. Er hinterlässt seine Familie und die Rhöner Fußballwelt tief geschockt und trauernd. Im Altlandkreis Bad Brückenau wird man Jörg Heinle nicht vergessen.