Deutsche Lieferung für Ukraine :
Prag und Bratislava könnten auf Leopard 2 verzichten

Von Peter Carstens, Berlin
Lesezeit: 2 Min.
Ein Panzer vom Typ Leopard 2 im Mai bei einer Übung in Finnland
Die Slowakei und die Tschechische Republik sollten eigentlich Leopard-2-Panzer von Deutschland erhalten. Nach F.A.Z.-Informationen könnten sie in Ramstein anbieten, diese der Ukraine zu liefern.

Die Slowakei und die Tschechische Republik unterstützen das Ansinnen, der Ukraine schwere Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 aus deutscher Produktion zu liefern. Das erfuhr die F.A.Z. aus diplomatischen Kreisen. Beide Länder haben bereits Dutzende eigene Kampfpanzer sowjetischer Bauart an Kiew abgegeben, um das Land im Kampf gegen den russischen Aggressor zu unterstützen.

Im Rahmen des sogenannten Ringtauschs hatte sich Deutschland bereit erklärt, diese in kleinerer Stückzahl durch aufbereitete Leopard 2 A4 zu ersetzen, also nicht die allerneuesten Versionen. Die ersten dieser Panzer waren im Dezember an Prag und Pressburg (Bratislava) ausgeliefert worden, die Ausbildung der Besatzungen hat ebenfalls bereits begonnen.

Druck auf Bundesregierung wächst weiter

Beide Länder könnten bei der heutigen Ramstein-Konferenz anbieten, vorerst auf die weitere Auslieferung zu verzichten und die Panzer an die Ukraine weiterzuleiten. Dabei geht es um insgesamt 30 Leopard-Panzer, die von der Industrie nach Ausmusterung aus Schweizer und deutschen Beständen aufgekauft und eingelagert wurden.

Geplant war, etwa zwei Panzer pro Monat zu liefern, die Kosten dafür trägt Berlin. Ein anderer Partner des Ringtauschs, Griechenland, hatte kürzlich mit dem Verteidigungsministerium Gespräche darüber geführt, ob bereits ausgelieferte Schützenpanzer vom Typ Marder an die Ukraine abgegeben werden könnten, nachdem die deutschen Bestände eine rasche Lieferung wohl nicht zulassen.

Mit dem offenbar abgesprochenen Angebot wächst der Druck auf die Bundesregierung weiter. Zuvor hatte auch Polen mehrfach angekündigt, von seinen Leopard-Panzern etliche an die Ukraine zu liefern und weitere Länder haben grundsätzliche Bereitschaft erkennen lassen. Möglicherweise haben die Vereinigten Staaten bereits vorab von dem geplanten Vorgehen erfahren und wären bereit, ältere Abrams-Panzer zur kurzfristigen Kompensation an Prag und Pressburg (Bratislava) zu liefern.

Zu bedenken sind allerdings diverse ungeklärte Fragen, darunter die Ausbildung der Panzerbesatzungen und die bereits für die Bundeswehr komplizierte Versorgung der Kampfpanzer mit Ersatzteilen. Zudem wird in Militärkreisen darauf hingewiesen, dass auch noch größere Stückzahlen des älteren, etwas einfacheren Leopard 1 in Betracht kämen, von denen noch an die 150 in der Industrie eingelagert seien.

Ein weiteres Risiko bei einer eventuellen Lieferung könnte darin bestehen, dass die weder im Wirkverbund noch routiniert betriebenen Leopard-Panzer zu bevorzugten Zielen der russischen Streitkräfte würden, hieß es in Expertenkreisen. Würde der Leopard dann sozusagen unter Wert eingesetzt, könnte das sein Ansehen als wohl bester Kampfpanzer der Welt schwächen. Andererseits hatten die ukrainischen Streitkräfte schon im vorigen Jahr bewiesen, dass sie westliche und deutsche Waffen überaus geschickt und effizient handhaben können, entgegen der massiven Bedenken etwa von Experten für den Flugabwehrpanzer Gepard.