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Tod von Radstar Wilfried Peffgen Der Mann mit dem Stehvermögen

Er war der König der Sechstagerennen und mehrfacher Weltmeister im Steherrennen. Wilfried Peffgen gehörte dennoch nie zu den großen Stars im Radsport. Mit 78 Jahren ist er jetzt gestorben.
Wilfried Peffgen (M.) feiert den WM-Titel im Steherrennen 1980

Wilfried Peffgen (M.) feiert den WM-Titel im Steherrennen 1980

Foto: Roth / picture alliance / Roth

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Für viele ist der Profiradsport die Tour de France, der Giro d'Italia. Das Kraxeln über die Berge, die atemberaubenden Sprints auf der Zielgeraden, die Alleinfahrten der Ausreißer über 100 Kilometer im Gegenwind. Wilfried Peffgen hat das auch alles miterlebt, mitgemacht, aber seine Welt war eine andere. Peffgen, am Dienstag im Alter von 78 Jahren in Köln gestorben, war ein Herr der Bahn. Die rauchige Atmosphäre der Hallen bei den Sechstagerennen, das war sein Zuhause. Und: Er war der König der Steher.

Steherrennen, eine echte Attraktion in den Sechziger- und Siebzigerjahren, sind heutzutage fast ausgestorben. Ein Radfahrer, der am Hinterrad eines Motorrads hängt und versuchen muss, auf Teufel komm raus den Anschluss zu halten. Der sich fast totstrampelt, um dranzubleiben an dem Motorrad, auf dem der Schrittmacher das Tempo vorgibt. Bis zu 100 Kilometer pro Stunde Geschwindigkeit erreichten die Besten dabei. Und Peffgen war der Beste.

Die Steher, sie waren umjubelte Helden. Peffgen und sein Schrittmacher Dieter Durst feierten gleich dreimal den Sieg bei den Weltmeisterschaften. In den Siebzigerjahren war das Gespann fast unschlagbar, Weltmeister 1976, Vizeweltmeister 1977, Weltmeister 1978, Vizeweltmeister 1979, Weltmeister 1980. Durst vorweg, fast stoisch auf dem Motorrad, dahinter Peffgen, unaufhörlich in die Pedale tretend, Runde für Runde, ein Uhrwerk.

Viermal auch bei der Tour de France

Viermal war er auch bei der Tour de France dabei, unter anderem als Wasserträger für den damaligen Star der deutschen Radszene, Rudi Altig. Eine typische Rolle für Peffgen. Zu den Großen des Straßenradsports hat er nie gehört, in der Halle, ja, da vollbrachte er seine Großtaten. Aber in Erinnerung bleiben den meisten Menschen die Helden der Straße.

Die große Zeit der Sechstagerennen ist ohnehin vorbei. Sie waren Geschichte der alten Bundesrepublik, und Wilfired Peffgen war einer ihrer Geschichtsschreiber. Früher schoben sich die Massen durch die Berliner Deutschlandhalle, durch die Bremer Stadthalle, die Dortmunder Westfalenhalle. Volksfeststimmung, Bier ohne Ende, und mittendrin die Fahrer, die sich die Seele aus dem Leibe strampelten, mittags, abends, nachts. Zwischendurch kurz schlafen, um dem Körper eine kurze Pause zu gönnen, die Schlaftabletten spülte Peffgen mit Bier hinunter.

Der deutsche Patrick Sercu

Er bestritt 190 Sechstagerennen, 16 davon gewann er, meist mit seinem Partner Albert Fritz, 41-mal wurde er Zweiter, 29-mal Dritter. Das sind noch nicht die Zahlen, wie sie der Sixdays-Kaiser Patrick Sercu aus Belgien vorweisen konnte. Sercu fuhr 223 Sechstagerennen und gewann 86. Das ist unerreicht. Aber Peffgen war der deutsche Sercu.

Noch 1983 mit grauen Haaren drehte er auf der Bahn seine Runden, mit 41 Jahren beendete er dann seine Karriere. Er betrieb anschließend eine Tankstelle in Köln, dann hatte er sich genug für einen eigenen Fahrradladen zusammengespart. Ganz ohne Fahrrad ging es schließlich dann doch nicht.

25 Jahre lang im Radsport, drei Weltmeistertitel, drei Schlüsselbeinbrüche – Wilfried Peffgen hat viel mitgemacht, er hat viel mitgenommen. Ein Steher.

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