#AllesaufdenTisch (Foto: Pressestelle, allesaufdentisch.tv)

Corona

#allesaufdentisch: Die Videoaktion #allesdichtmachen wird fortgesetzt

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Die umstrittene Videoaktion #allesdichtmachen aus dem April dieses Jahres hat eine Fortsetzung gefunden: Mit Videos und einer Petition unter dem Hashtag #allesaufdentisch fordern Künstler*innen einen „breit­gefächerten, fakten­basierten, offenen und sachlichen Diskurs“ zum Umgang mit der Corona-Krise und einen runden Tisch für das Corona-Krisenmanagement.

Gespräch mit Anton Rainer vom SPIEGEL, Ressort Wirtschaft und Netzwelt

Das alles ähnele der vorausgegangenen Video-Aktion unter dem Hashtag #allesdichtmachen, so der Spiegel-Journalist Anton Rainer in SWR2. Allerdings sei das Bemühen erkennbar, die Aktion diesmal seriöser wirken zu lassen. In den etwa 20-minütigen Videos befragen Künstler verschiedene Experten, darunter Ärzte und Psychologen. Die artikulierten Meinungen allerdings würden teilweise nur haarscharf an Querdenker-Debatten vorbeischrammen, so Rainer.

Es handle sich auch nicht um Interviews im klassischen Sinne. „Im Prinzip sieht man jeweils zwei Menschen, die sich gegenseitig Recht geben“, so der Spiegel-Journalist mit Blick auf Thesen, dass die Angst vor der Pandemie beispielsweise schlimmer sei als die Pandemie selbst, die Impfung schlecht erforscht sei und man die Wirkungen gar nicht kenne.

Anton Rainer über einige dieser Aussagen: „Man müsse den Körper mit Licht und Liebe und Energie ausstatten, statt mit Fremdstoffen – alles Dinge, die im verschwörungstheoretischen Querdenker-Spektrum sehr gerne gehört und gelesen werden und jetzt auf so einer Bühne wieder wunderbar aufbereitet werden.“

Der Schauspieler Volker Bruch war bereits ein prominentes Gesicht der Aktion #allesdichtmachen im vergangenen April. Anders als viele andere seiner Schauspielerkolleginnen und -kollegen, darunter auch Jan-Josef Liefers, hatte er sein damaliges Video nicht zurückgezogen. Im Impressum der Internetseite zu #allesaufdentisch wird er als Verantwortlicher aufgeführt.

Gesprächsvideos im Tandem-Stil

„Mit zunehmender Sorge beobachten wir die Entwicklung des politischen Handelns in der Corona-Krise“ heißt es auf der Webseite www.allesaufdentisch.tv. Viele Expert*innen seien bisher in der öffentlichen Corona-Debatte nicht gehört worden.

In über 50 Videos unterhalten sich Künstler*innen mit Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen über unterschiedliche Aspekte der Corona-Krise.

Neben Volker Bruch sind unter anderem Tatort-Kommissar-Darsteller Wotan Wilke Möhring und der Schriftsteller Norbert Scheuer dabei. Unter den Gesprächspartnern aus der Wissenschaft sind der Hirnforscher Gerald Hüther und der Virologe Klaus Stöhr. Auch auf einem eigenen YouTube-Channel sind die Videos zu sehen.

Bemängelt wird von der Initiative, dass zahlreiche Wissenschaftler*innen und Expert*innen wie Karl Lauterbach, Jens Spahn oder Mai-Thi Nguyen nicht für die Gesprächsreihe zur Verfügung gestanden hätten.

Gericht hat die Löschung von drei #allesaufdentisch-Videos durch YouTube untersagt

Unter anderem wurden die Videos „Angst“ und „Inzidenz“, die Interviews mit dem Leipziger Mathematik-Professor Stephan Luckhaus und dem Hirnforscher Gerald Hüther zeigen, von der Plattform gelöscht.

Eine konkrete Begründung, warum diese Videos entfernt wurden, lieferte YouTube nicht. Laut Bild-Zeitung informierte YouTube Initiator Bruch per Mail darüber, dass besagte Videos „gegen die Richtlinien zu medizinischen Fehlinformationen“ der Plattform verstießen.

Die Initiatoren und Teilnehmer*innen der Aktion klagten gegen die Löschung – mit Erfolg. Das Landgericht Köln gab den Klägern nach Informationen der FAZ Recht: Die Löschung der drei besagten Videos wird untersagt, das Video „Angst“ ist mittlerweile wieder auf YouTube verfügbar.

„Es wurde nicht mitgeteilt, was denn eigentlich konkret beanstandet wird. Das muss aber geschehen, damit der Nutzer darauf reagieren kann“, kommentiert Medienanwalt Joachim Steinhöfel, der selbst der Aktion #allesaufdentisch angehört.

#LGKöln begründet Beschluss, mit dem es #youtube Löschung von 2 #allesaufdentisch-Videos untersagt, mit fehlender #Begründung von YouTube. Diese sei nur entbehrlich, wenn Video 1. eindeutige medizinische Fehlinformation enthält und 2. kurz ist (beides hier nicht der Fall)👇 https://t.co/jxrPLaQgEi

Erneute Löschungen bei YouTube

Wie ein YouTube-Sprecher am Mittwochabend gegenüber der Bild bestätigte, hat die Plattform trotz der einstweiligen Verfügung zwei weitere Videos der Aktion #allesaufdentisch entfernt.

Als Grund nannte man einen Verstoß gegen eine Richtlinie des Unternehmens, in der es um Missinformation zur Corona-Pandemie geht.

#allesaufdentisch sorgt schnell für kontroverse Diskussionen im Netz

Auf Twitter ist unter dem Hashtag #allesaufdentisch bereits eine kontroverse Diskussion entbrannt. Viele Nutzer*innen sind verärgert über die Kampagne und kritisieren, dass es an Informationen und Expert*innenmeinungen während der Corona-Krise nicht gemangelt habe. Auch dass Fakten nicht ernstgenommen würden, sieht man auf Twitter als Problem:

#allesaufdentisch Ihr wollt also Fakten zur Corona-Krise? Endlich die richtigen Infos zur Pandemie? 👇 hier bitte folgen, hab ich gerade entdeckt das Profil 😍 richtig gute Infos seit Anfang 2020. Der Typ heißt @c_drosten https://t.co/bExOEep1Fh

So langsam sollte mal jemand ein ernstes Gespräch mit Volker #Bruch führen… Was der da zusammenlügt und an boshafter Verfälschung von Fakten betreibt, ist bei seiner Reichweite gefährlich. #allesaufdentisch

Ich weiß nicht,warum man sich mit #allesaufdentisch beschäftigt? Seit Feb 2020 gibt es ein Format,das alle wissenschaftlich haltbaren Aspekte „auf den Tisch“ bringt.Das @NDRinfo Coronavirus-Update,zuerst mit @c_drosten,seit 1 Jahr auch mit @CiesekSandra. Unglaublich,oder? 1/n

WeltN24-Chefredakteur Ulf Poschardt versteht die Empörung dagegen nicht:

#allesaufdentisch: sind wieder alle aufgeregt, weil es künstler gibt, die was anderes sagen als herbert grönemeyer und die ärzte? https://t.co/wKJkH3U2C9 via @welt

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