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Der bisherige Eigentümer TLG Immobilien fusionierte 2020 mit dem Luxemburger Immobilienkonzern Aroundtown.

© mauritius images / Werner Dieterich

Exklusiv

Millionen-Deal um Areal in Prenzlauer Berg?: Berliner Kulturbrauerei steht vor dem Verkauf

Der Eigentümer TLG will das berühmte Brauerei-Areal offenbar an einen Investor verkaufen. Mieter schlagen Alarm und fürchten das Aus für die kulturelle Nutzung.

Von Christian Hönicke

Der Verkauf der Kulturbrauerei in Berlin-Prenzlauer Berg steht unmittelbar bevor – und vermutlich auch ihre Umwandlung in einen reinen Gewerbestandort.

Nach Tagesspiegel-Informationen verhandelt der Eigentümer TLG Immobilien aktuell über eine Veräußerung des Geländes an der Schönhauser Allee an einen Investor. Es soll für einen stattlichen Preis abgegeben werden – die TLG taxiert den Wert der Kulturbrauerei demnach auf rund 150 Millionen Euro.

Die TLG dementierte die Verkaufsverhandlungen auf Tagesspiegel-Anfrage nicht. „Grundsätzlich gehört die Veräußerung von Immobilien zum Geschäftsmodell der TLG“, teilte ein Unternehmenssprecher mit. „Aus Vertraulichkeitsgründen können wir uns zu einzelnen potenziellen Transaktionen, die noch nicht zustande gekommen sind, nicht äußern.“

Das berühmte ehemalige Brauereiareal ist dem Vernehmen nach Teil eines größeren Pakets von Immobilien, das die TLG nach der Fusion mit dem Investor Aroundtown abgeben möchte. Nach Tagesspiegel-Informationen ist dafür mit einem Interessenten bereits eine Vorab-Vereinbarung getroffen worden. Diese beinhaltet demnach eine exklusive Kaufoption, die bis Mitte September gültig ist.

Sören Birke als Sprecher der Mieter der Kulturbrauerei zeigte sich gegenüber dem Tagesspiegel „überrascht über den Sinneswandel der TLG“. Bis vor wenigen Wochen habe es von ihrer Seite noch geheißen, die Kulturbrauerei sei unverkäuflich.

Mieter zeigen sich "überrascht" über die Verhandlungen

„Wir, die Mieter der Kulturbrauerei, erwarten von der TLG ein verantwortungsvolles Handeln“, so Birke. „Die bisherige Vereinbarung, das Industriedenkmal Kulturbrauerei für kulturelle Nutzung vorzuhalten, muss in jedem weiteren Verkauf festgeschrieben werden.“

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Nach der Einstellung des Brauereibetriebs in den 1960er Jahren wurde das Gelände 1991 durch Künstlerinnen und Künstler zu einem Kultur- und Kunstzentrum umgestaltet. Dabei seien „hohe finanzielle Investitionen durch die Bundesregierung und die Landesregierung Berlin“ getätigt worden, erklärten Grüne und Linkspartei in Pankow.

Heute befinden sich neben dem „Kino in der Kulturbrauerei“ auf dem Gelände unter anderem der „frannz Club“, das „Soda“, ein Museum, die „Alte Kantine“ und das „Kesselhaus“.

Das Areal wurde zunächst von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft verwaltet, 2012 wurde diese von der Bundesregierung an den US-Investor Lone Star verkauft. Für die Mietverträge der Kulturbrauerei wurde dabei lediglich eine zehnjährige Bestandsgarantie bis Ende 2021 vereinbart, dazu eine mieterseitige Option auf Verlängerung bis 2026. Zwischenzeitlich wurde die TLG in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die vergangenes Jahr mit dem Immobilienkonzern Aroundtown fusionierte.

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Die Höhe des nun geforderten Kaufpreises ist nach Einschätzung von Beobachtern ein klares Indiz dafür, dass die Kulturbrauerei zu einem reinen Geschäftszentrum umgewandelt werden wird, um die Investition mit deutlich höheren Gewerbemieten zu refinanzieren.

In der Landes- und Bezirkspolitik ist man deswegen bereits alarmiert. In der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gibt es den Vorstoß, das Gelände durch das Land Berlin ankaufen zu lassen. Über einen entsprechenden Antrag von Grünen und Linkspartei, den Kultur- und Kinobetrieb in der Kulturbrauerei „dauerhaft zu sichern“, wird am Dienstag im Stadtentwicklungsausschuss debattiert.

Ein Ankauf durch das Land Berlin ist wohl zu teuer

Allerdings hatten Landes-Finanzpolitiker und auch Kultursenator Klaus Lederer (Linke) einen Ankauf aufgrund der hohen Kaufsumme zuletzt als unwahrscheinlich eingeschätzt. Lederer schlägt als günstigere Alternative vor, die kulturelle Nutzung in einem Bebauungsplan festzuschreiben. Das war in den vergangenen zehn Jahren immer wieder mal Thema, allerdings wollte oder konnte der Bezirk Pankow die Kosten von etwa 50.000 Euro dafür nicht aufbringen.

Die Kulturbrauerei dürfe nicht einfach so verschwinden, fordert Sören Birke, der die Eventlocations „Kesselhaus“ und „Maschinenhaus“ im Auftrag des Landes Berlin betreibt. Sie sei „international einmalig“ und auch angesichts der jährlich etwa 2,5 Millionen Gäste „von außerordentlichem öffentlichen Interesse“ für Berlin. Das Ensemble als Kulturort zu erhalten, sei eine gemeinschaftliche Aufgabe: „Die Berliner Stadtgesellschaft darf sich nicht die in den letzten 30 Jahren gemeinsam aufgebaute Infrastruktur für ein vielfältiges kulturelles Leben und veranstaltungswirtschaftliches Handeln nehmen lassen.“

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