Zusammenfassung
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Parteispenden als Einflusskanal für Lobbying. Während sich in theoretischer Hinsicht der kausale Einfluss von Parteispenden auf der Makroebene der Parteiensysteme kaum isolieren lässt, liegen auf der Mesoebene immer mehr Erkenntnisse vor, beispielsweise über das Spendenniveau in verschiedenen Kontexten. In normativer Hinsicht stehen nach dem Ende des Kalten Krieges insbesondere Groß- und Unternehmensspenden im Ruch der Korruption. Deshalb ist im Hinblick auf die Regulierung von Parteispenden eine dauerhafte Sequenz von Fehler (Korruptionswahrnehmung) und Versuch (der erneuten Regulierung) erkennbar. Empirisch sind Parteispenden nicht zuletzt deshalb überall in Europa rückläufig.
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Notes
- 1.
Der amerikanische Politikwissenschaftler Elmer Schattschneider hat es schon zur Mitte des 20. Jahrhunderts auf den Punkt gebracht: „Moderne Demokratien sind ohne Parteien nicht denkbar“ (Schattschneider 1942, S. 1). Parteien sind die einzigen Akteure, die Themen bündeln und auf diese Weise Kompromisse aushandeln können, und zwar zwischen ideologischen Positionen und den verschiedenen Ebenen eines politischen Systems (Koß 2021, S. 37–39).
- 2.
Das vielleicht prägnanteste Beispiel für den Zusammenhang zwischen Parteispenden, Korruption und der Legitimität des politischen Systems stammt aus Italien. Nach dem Ende des Kalten Krieges wuchs sich der zuvor geduldete – Stichwort: „graue“ Korruption – systematische Zusammenhang zwischen Parteispenden und öffentlichen Aufträgen zu einem Korruptionsskandal aus, in dessen Zuge nicht nur das Parteiensystem, sondern sogar das politische System Italiens transformiert wurde. Seit 1992 wird von der Zweiten Republik gesprochen (siehe dazu Zohlnhöfer 2006, S. 284–286).
- 3.
In den USA sind zudem nach einem Urteil des Supreme Court von 2014 Spenden von Unternehmen und Gewerkschaften denen von Individuen dahingehend gleichgestellt, dass sie als Meinungsäußerungen gelten, deren Freiheit höher wiegt als andere Rechtsgüter wie etwa die Gleichheit des politischen Wettbewerbs. Eine Regulierung von Spenden ist in den USA damit effektiv unmöglich, auch im internationalen Vergleich ist dieser Rechtsrahmen einmalig weitgefasst (Mendilow 2018, S. 7–8).
- 4.
Für diese Mischfinanzierung stand den Autoren exemplarisch New Labour unter der Führung von Tony Blair (Blyth und Katz 2005, S. 46–47).
- 5.
In Deutschland etwa gilt es als ausgemacht, dass ein wesentlicher Anreiz, der die sofortige Spaltung der neu gegründeten Grünen verhinderte, der Zugang zur staatlichen Parteienfinanzierung nach der Bundestagswahl 1980 war (Ebbighausen et al. 1996, S. 337–349).
- 6.
Die Regelung ging auf den Vorsitzenden der (zweiköpfigen) Zentrumsfraktion im Parlamentarischen Rat, Johannes Brockmann, zurück. Brockmann war damit zunächst im Hauptausschuss gescheitert, konnte seinen Antrag dann aber im Plenum knapp durchsetzen (Der Spiegel 1959).
- 7.
Für Deutschland sei hier auf die Debatte im Zuge des sogenannten Flick-Skandals verwiesen, bei dem es um Zahlungen des Flick-Konzerns an Spitzenpolitiker aller Parteien ging. Diese Zahlungen verfolgten das Ziel, dass der Konzern seine Gewinne nicht versteuern musste (Wewer 1990, S. 12–22). Zwischen den Jahren 1969 und 1980 waren etwa 26 Millionen DM (ca. 13,3 Mio. Euro) am Gesetz vorbei an die deutschen Parteien geflossen (Landfried 1994, S. 207). Auch in Frankreich setzte in den 1980er-Jahren eine zunehmend intensivere Debatte über das System der Dankeschön-Spenden ein (Koß 2008, S. 293–303).
- 8.
Vgl. dazu exemplarisch die Vorworte von UN-Generalsekretär Kofi Annan und dem IDEA-Generalsekretär Yves Leterme zum globalen Bericht des IDEA von 2014 (IDEA 2014, S. III–VI).
- 9.
Auch für diese Auffassung liefert das deutsche Beispiel empirische Belege: In Deutschland obliegt die Aufsicht über die Parteienfinanzierung der Bundestagsverwaltung, die ihrerseits dem Bundestagspräsidenten unterstellt ist. Zwar kann die Verwaltung Wirtschaftsprüfer einschalten, wenn ihr Rechenschaftsberichte der Parteienfinanzierung fehlerhaft vorkommen. Faktisch ist dies jedoch noch nie geschehen (Koß 2018, S. 404).
- 10.
Insbesondere bei den Niederlanden könnte dieser Befund aber auch auf den Mangel an Daten auf der regionalen und lokalen Ebene zurückgehen.
- 11.
Eine nur vermeintliche Ausnahme stellte der Bundestagswahlkampf 2021 dar. Zwar erhielten die oppositionelle FDP und die Grünen hier deutlich mehr Großspenden über 50.000 Euro als die regierende SPD: bis zum 9. September waren es 3,6 Mio. (FDP) bzw. 3,4 Mio. Euro (Grüne) im Vergleich zu lediglich 100.000 Euro (SPD) (Statista 2021). Allerdings relativiert sich dieser Befund sofort, wenn man neben dem Umfragehöhenflug der Grünen einpreist, dass der SPD bis in den Sommer hinein der Gang in die Opposition vorhergesagt worden war.
- 12.
Für diejenigen politischen Systeme, in denen Parteien zentrale Akteure und Adressaten von Spenden sind, liegen leider keine vergleichbaren Analysen vor.
- 13.
Seit 2014 gibt es in Italien keine direkten staatlichen Zuwendungen an Parteien mehr, stattdessen orientieren diese Zuschüsse sich am Spendenaufkommen.
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Koß, M. (2023). Fehler und Versuch. Parteispenden und ihre Regulierung. In: Polk, A., Mause, K. (eds) Handbuch Lobbyismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32320-2_45
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