Betrachtet man die Frage, inwieweit die politischen Parteien in der Zivilgesellschaft verortet sind oder nicht, ist sich die deutsche und die international vergleichende Parteienforschung weitgehend einig: Politische Parteien, so die Thesen, die in der Politikwissenschaft in einer seit fast einem Jahrzehnt geführten Debatte eine Favoritenrolle einnehmen, entwickeln sich zunehmend zu staatsnahen Kartellen von mit Hilfe von Massenmedien kommunizierenden Berufspolitikern. Diese “Kartellparteien” (Katz/Mair 1995), diese “Parteien der Berufspolitiker” (v. Beyme 1997) können auf kontinuierliches Bürgerengagement eher verzichten als frühere Massen- oder Volksparteien. Mitglieder und lokale Aktive werden weniger benötigt und verlieren an Einfluss auf die Politikbestimmung zugunsten der massenmedial mit dem Publikum kommunizierenden Führungsfiguren. Mitwirkungsrechte bei Personalentscheidungen sind — etwa bei offenen Vorwahlen — nicht mehr strikt an den Mitgliedsstatus gebunden. Wahlkampagnen werden zentralisiert und professionell unter Einsatz von viel Kapital geführt. Solche Parteien sind allenfalls noch als “lose verkoppelte Anarchien” (Lösche/Walter 1992) offen für Bürgerengagement in lokalen, für die Zentrale unwichtigen Politikarenen1.
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Literatur
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Zeuner, B. (2003). Besonderheiten des politischen Engagements in Ostdeutschland. In: Bürgerschaftliches Engagement in Parteien und Bewegungen. Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ des 14. Deutschen Bundestages, vol 10. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09463-0_4
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