Leben und Tod

Autor: Markus Rex

 

Manchen Christen scheint die Bibel schwer zugänglich zu sein. Vieles ist für sie unverständlich und verwirrend. Das liegt oftmals daran, dass sich hinter bestimmten Begriffen eigene Vorstellungen verbergen. Besonders schwerwiegend für ein gutes Bibelverständnis und somit ihren Glauben ist es, wenn es sich um bestimmte Schlüsselwörter handelt. Leben und Tod sind solche Schlüsselwörter.

So spricht die Bibel von Menschen, die lebendig tot sind (1.Tim.5:6). Jesus selbst sagte: Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt! (Joh.11:25). Auf den ersten Blick scheinen diese Aussagen widersprüchlich oder zumindest schwer nachvollziehbar zu sein. Die wirkliche Bedeutung bleibt so verschlossen. Doch der richtige Schlüssel, d.h. das richtige Verständnis der entsprechenden Wörter öffnet uns die Schrift und wir erkennen die volle Bedeutung.

 

Gott ist der Ursprung allen Lebens (Apg.17:24-26). Er schuf den Menschen nach seinem Bild, formte den Körper des Menschen und hauchte ihm den Odem des Lebens ein, „und so wurde der Mensch eine lebendige Seele“ (1.Mos.1:27; 2:7; 1.Kor.15:45).

Am offensichtlichsten ist für uns das physische, biologische Leben. Es wird durch die natürliche Zeugung weitervermittelt und endet mit dem Tod.

Doch der Mensch ist mehr, als nur Körper. Er hat auch eine Seele (grch. psyche). Die Seele des Menschen ist sozusagen sein Eigenleben (obwohl Gott auch hiervon der Urheber ist). Darüber hatte Jesus einiges zu sagen, wie z.B. folgendes: Denn wer sein Leben (o. Seele) retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird es retten. Denn was wird es einem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt gewinnt und sein Leben verliert? Oder was kann ein Mensch als Lösegeld für sein Leben geben? (Mk.8:35-37).

Das seelische Leben eines Menschen beinhaltet beispielsweise seine Wünsche und seine Gesinnung. Die Seele, die sich durch den Körper ausdrücken kann, wird im NT das natürliche Leben genannt.

 

Neben dem natürlichen Leben kennt das NT noch eine weitere Lebensform und zwar das geistliche oder das ewige Leben. Es ist das Leben Gottes, welches Gott durch den Glauben an Jesus Christus und durch die geistliche neue Geburt den Menschen gibt. Dieses neue Leben von Gott tritt besonders in den Schriften des Johannes deutlich hervor (Joh.3:15,16,36; 5:24-26,40; 6;27,33,35,40; 47-58; 10:10,28; 1.Joh.1:2; 2:25; 3:14; 4:12-13; 5:20).

 

Das NT unterscheidet ganz klar zwischen dem natürlichen, menschlichen Leben und dem geistlichen Leben, das von Gott kommt. Diese beiden Lebensformen dürfen wir beim Lesen der Bibel also nicht verwechseln, sondern müssen genau auseinander halten, ob vom menschlichen Leben oder dem Leben Gottes die Rede ist.

 

Jeder Mensch, der dieses Leben von Gott empfangen hat, ist in seinem Geist mit Gott verbunden (1.Kor.6:17), hat mit Ihm Gemeinschaft (1.Joh.1:3) und hat so die Möglichkeit, mit Ihm zu reden und von Ihm zu hören.

Genau so hatte Gott den Menschen ursprünglich erschaffen. Wir können davon ausgehen, dass Adam nicht nur sein menschliches Eigenleben besaß, sondern auch das Leben Gottes in sich hatte, denn Gott blies ihm sein Eigenes, also „den Odem des Lebens in seine Nase“ (1.Mos.2:7). Gott ist ein Geistwesen (Joh.4:24). Da Gott den Menschen nach seinem eigen Wesen erschaffen hatte, ist also auch der Mensch von seinem Wesen her Geist und nicht nur Seele (1.Thess.5:23).

Nun, wir kennen die Geschichte im Garten Eden. Gott gebot ihm, nicht vom Baum der Erkenntnis zu essen, „denn an dem Tag, da du davon isst, musst du gewisslich sterben!“ (1.Mos.2:17). Doch Adam starb nicht – zumindest nicht physisch. Er sündigte gegen Gott und verlor damit das geistliche Leben von Gott wieder. Sein Geist starb. Er war jetzt in einem Zustand, in dem er (physisch) lebendig und (geistlich) tot war (vergl. 1.Tim.5:6).

 

An dieser Stelle müssen wir auch verstehen, wie die Bibel den Begriff „Tod“ gebraucht. Wir sollten stets beachten, ob vom körperlichen oder geistlichen Tod die Rede ist. Genauso wichtig ist ein genaues Verständnis darüber, was der jeweilige Tod aus Sicht der Bibel für den Menschen bedeutet. Beim physischen Tod ist es klar. Wenn der Körper stirbt, wird er beerdigt und zerfällt wieder zu Erde. Kurz gesagt hört er auf zu existieren (während der eigentliche Mensch auch weiterhin existiert).

Stirbt jedoch der Geist des Menschen, hört er nicht auf zu existieren. Geistlich tot zu sein bedeutet im Kern, von Gott getrennt zu sein, d.h. ohne Gott zu leben.

Nachdem Adam gesündigt hatte und infolge dessen geistlich starb, verbarg er sich vor Gott (1.Mos.3:8.9). Der verlorene Sohn, der vom Vater weglief, wird als tot bezeichnet (Luk.15:24). Menschen, die in Sünden tot sind, sind von Gott entfremdet und aus Seiner Gemeinschaft ausgeschlossen (Eph.2:5,11,19).

 

Nebenbei bemerkt: Durch die Sünde des einen Menschen Adam kam zuerst der geistliche Tod in die Welt und als Folge dessen der körperliche Tod (Röm.5:12ff.). Durch die Auferstehung Jesu wurde der Tod zwar besiegt, doch früher oder später stirbt jeder Mensch körperlich, denn der Tod wird erst am Ende dieses Zeitalters hinweg getan (1.Kor.15:24-26, 53-57).

 

Wenn wir das geistliche Leben und den geistlichen Tod richtig einsortieren, können wir auch verstehen, warum die Bibel von geistlichen und natürlichen Menschen spricht (1.Kor.2:14-15). Der natürliche Mensch ist geistlich tot, während er körperlich weiterlebt. Er ist dem Leben Gottes entfremdet und lebt nur nach den Wünschen seiner eigenen Seele. Stirbt irgendwann der Körper, geht der natürliche Mensch in den ewigen Tod ein, d.h. er ist in alle Ewigkeit von Gott getrennt. Diese werden Strafe erleiden, ewiges Verderben, (weg)1 vom Angesicht des Herrn und (weg)1 von der Herrlichkeit seiner Kraft (2.Thess.1:9).

Um nicht den ewigen Tod zu erleiden, braucht deshalb jeder Mensch das ewige Leben, das er nur durch den Glauben an Jesus Christus empfängt.

 

Diejenigen, die das ewige Leben empfangen haben, sind geistlich lebendig geworden. Sie sind nicht länger nur natürliche, sondern geistliche Menschen, obwohl sie noch in einem natürlichen Körper leben. Das sind die Christen. Doch aufgepasst, es gibt hier drei Gruppen, nämlich die Unmündigen, die Fleischlichen und die geistlich Reifen (1.Kor.3:1-4).

 

Die Bibel vergleicht das geistliche Wachstum mit dem natürlichen Aufwachsen. Ein Mensch wird als kleines Baby geboren, entwickelt sich dann im Laufe der Jahre weiter und wächst schließlich durch die Kindheit und Jugendzeit zu einer reifen Persönlichkeit heran. Genauso fängt auch jeder Christ als geistliches Baby an. Er ist noch unmündig und unerfahren im Glauben und benimmt sich im wahrsten Sinne des Wortes oft kindisch (nicht zu verwechseln mit dem kindlichen Gottvertrauen, das man auch als reifer Christ nicht verlieren sollte). Aber Gott erwartet von jedem Gläubigen, dass er sich weiterentwickelt (Hebr.5:13; 1.Petr.2:2).

 

Der fleischliche Christ sollte seinem Alter entsprechend zwar schon reifer sein, ist in seiner Entwicklung aber zurückgeblieben. Im Grunde lebt er wie jeder andere natürliche Mensch nach den Wünschen seiner eigenen Seele, obwohl er geistliches Leben in sich hat. Wie kann das sein? Nun, es kommt darauf an, in welche Richtung jemand geht bzw. lebt, wie wir es im Römerbrief lesen:

 

Römer 8:6

Denn das Trachten des Fleisches ist (geistlicher) Tod, das Trachten des Geistes aber (geistliches) Leben …

 

Das Trachten ist die Gesinnung, d.h. die Denkrichtung. Wohin deine Augen schauen, werden deine Füße gehen. Das ist eine alte Lebensweisheit. Früher oder später wirst du nämlich die Richtung einschlagen, wohin dein inneres Auge schaut. Auf unserem Weg der Nachfolge gibt es nur zwei Richtungen. Geistlicher Tod, d.h. weg von Gott oder geistliches Leben, d.h. hin zu Gott.

Der fleischliche Christ ist also nicht nur auf einer bestimmten Stufe zurückgeblieben, sondern er entwickelt sich permanent zurück und entfernt sich so immer weiter von Gott. Das ist eine ernste Sache, die wir nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen. Hier ist wieder eine Grundsatzentscheidung bzw. eine echte Buße, d.h. Umkehr in der Gesinnung nötig, weg von den eigenen Wünschen hin zum Willen Gottes.

 

Der geistliche Mensch ist derjenige, der in die richtige Richtung geht und sich permanent zu Gott hin weiterentwickelt. Das geistliche Leben Gottes kann sich so in ihm entfalten und seine Seele und sogar seinen Körper durchströmen. Das ewige Leben erfüllt ihn, so dass er in Ewigkeit lebt, selbst wenn er jetzt stirbt.

 

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1 Kommentar aus dem NTR (Neues Testament Roth) zu 2.Thess.1,9:

„von“, grch.: APO

Apo ist eine Präposition der Trennung und vermittelt Distanz. So verstanden bestehen die gerechte Strafe und das ewige Verderben darin, dass die Ungläubigen die Ewigkeit getrennt vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke verbringen müssen.

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