The Wayback Machine - https://web.archive.org/web/20100507030306/http://www.bremerhaven.de:80/stadt-und-politik/stadtinformation/stadtgeschichte/
Navigation überspringen
Inhaltsbereich überspringen

Stadtgeschichte Bremerhavens

Ein kurzer Gang durch die Geschichte

Bremerhaven ist eine junge Stadt mit alter Geschichte. Im nordöstlichen Ortsteil der Seestadt, dem Wurtendorf Weddewarden, fand eine menschliche Besiedlung schon vor 2.000 Jahren statt. Die älteste schriftliche Überlieferung reicht bis 1139 zurück; damals wurden die zum heutigen Stadtgebiet gehörenden Kirchdörfer Geestendorf und Wulsdorf urkundlich genannt. Die auf Geestinseln aus weitflächigen Mooren und Flussniederungen herausragenden Siedlungen waren an der Heerstraße von Altenwalde nach Bremen gelegen, wuchsen aber über ihren dörflichen Charakter nicht hinaus. Lediglich der 1275 erstmals erwähnte Flecken Lehe nördlich der Geeste gewann eine gewisse überörtliche Bedeutung als Amtssitz und Marktort mit minderstädtischen Rechten.

Der Flecken Lehe von 1604Die Geschichte Lehes ist eng verknüpft mit der Tatsache, dass die Geeste, der erste schiffbare Nebenfluß der Weser, in ihrem Mündungsbereich eine Schutzhafenfunktion für seegehende Schiffe erfüllt und dass im Zusammenhang damit ein Handelsplatz am Übergang des Heerweges über die Geeste, bei der Leher Fähre, entstanden war. Diese Situation begünstigte Pläne, im Bereich der Geestemündung eine befestigte Handelsstadt anzulegen. Die 1672 von den Schweden errichtete Festung Carlsburg hatte jedoch keinen Bestand; das merkantilistische Projekt einer Idealstadt war nach wenigen Jahren wieder von der Bildfläche verschwunden.                  

Politisch stand das Gebiet an der Geestemündung lange im Widerstreit der Interessen des Erzbistums Bremen und der Stadt Bremen, wobei Lehe seine Rechte mehrfach durch Schutzverträge mit dem Bremer Rat zu wahren suchte. 1648/54 kam das Gebiet mit dem gesamten Erzbistum Bremen unter schwedische Hoheit; 1719 ging es nach kurzzeitiger dänischer Besetzung endgültig auf das Kurfürstentum, später Königreich Hannover, über.

Der alte Hafen in Bremerhaven 1845Nach den Napoleonischen Kriegen setzte eine neue Entwicklung ein, die innerhalb kurzer Zeit zu einer doppelten Stadt- und Hafengründung an der Geestemündung führte. Ein 1819-1821 errichteter hannoverscher Nothafen wurde zum Ausgangspunkt eines sehr viel bedeutenderen Projekts, als die Freie Hansestadt Bremen, um der zunehmenden Beeinträchtigung seines Hafens durch Versandung der Weser zu entgehen, auf Initiative von Bürgermeister Johann Smidt 1827 auf dem Gelände der ehemaligen Carlsburg einen Vorhafen anlegte: Bremerhaven.

In Verbindung mit dem Amerikahandel und der 1832 einsetzenden Massenauswanderung erlebte Bremerhaven einen raschen Aufschwung. Neben dem Hafen entstand eine wachsende, städtisch geprägte Ansiedlung, die 1851 stadtähnliche Rechte erhielt.

Der Geestemünder Handelshafen 1875Auf dem südlichen Geesteufer, nur durch den Fluß getrennt, gründete das Königreich Hannover in Erweiterung des Nothafens und in Konkurrenz zu Bremerhaven 1845/47 den Hafenort Geestemünde, der in den Jahren 1856-1863 erweitert wurde; nach englischem Vorbild erhielt Geestemünde moderne Dock- und Hafenanlagen mit direktem Einsenbahnanschluss. In der Folge entwickelte sich Geestemünde zum Industriestandort sowie zum Umschlagplatz für Holz, Reis und Petroleum.

Der Columbusbahnhof 1930Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Geestemündung zum Ausgangspunkt bedeutender wirtschaftlicher Aktivitäten wie auch räumlicher Erweiterung und zunehmender Bevölkerungsverdichtung. Das bremische Bremerhaven gewann im Rahmen der Auswanderung und des sich ausweitenden transatlantischen Passagierverkehrs, vor allem in Verbindung mit dem Norddeutschen Lloyd, die Funktion eines Passagierschiffshafens, der durch Einrichtungen wie die „Lloydhalle“ und den „Columbusbahnhof“ sowie durch Schnelldampfer wie die „Bremen“ und die „United States“ weltweit Berühmtheit erlangte.
Der Fischereihafen Ende der 1920er JahreAn beiden Ufern der Geeste entstanden zahlreiche Werften mit Helgenanlagen und Trockendocks sowie, vor allem in Geestemünde, einer Fülle von Maschinenfabriken und anderen Zulieferbetrieben. Zum dritten Standbein neben Handel und Schiffbau entwickelte sich seit Mitte der 1880er Jahre die Hochseefischerei, für die 1896 in Geestemünde ein gesonderter Fischereihafen mit eigener Infrastruktur errichtet wurde. Dieser wurde 1925 noch einmal erheblich erweitert.

Die wirtschaftlichen Aktivitäten zogen, in Verbindung mit einem starken Bevölkerungswachstum, eine ständige Ausweitung des gewerblichen Flächenbedarfs und des städtischen Siedlungsraumes nach sich. Während sich die bremischen Häfen in Bremerhaven immer weiter nach Norden verlagerten, dehnten sich die hannoverschen, seit 1866 preußischen Hafenanlagen in Geestemünde in umgekehrter Richtung aus. Entsprechend veränderten sich auch die Stadtgemeinden mit ihren Wohn-, Gewerbe- und Erholungsgebieten. Die neuen Hafenstädte und die älteren Siedlungen wuchsen so allmählich aufeinander zu. Dies galt für Bremerhaven und Lehe, an deren Grenze sich ein neues großstädtisches Wohnviertel entwickelte, ebenso wie für Geestemünde und Geestendorf, wobei letzteres zu einem Arbeitervorort für die Hafenstädte wurde. So bildete sich bald ein zusammenhängender, Stadt- und Landesgrenzen überschreitender großstädtischer Siedlungsraum heraus, der kurz vor dem Ersten Weltkrieg etwa 100.000 Menschen umfasste.

Die politische Entwicklung hielt allerdings damit nicht schritt. Geestemünde und Geestendorf waren zwar 1889 unter dem Namen der Hafenstadt vereinigt worden, gleiches ließ sich aber für Bremerhaven und Lehe wegen der Landesgrenzen schwerlich verwirklichen. Die politische Neuordnung der zwanziger Jahre führte aus diesem Grunde nur zum Zusammenschluss der preußischen Unterweserorte Geestemünde, das 1920 bereits Wulsdorf eingemeindet hatte, und Lehe zur Stadt Wesermünde sowie 1927 zur Eingliederung weiterer Randgemeinden. Erst 1939 erfolgte im Rahmen der Neugliederung des Reiches der Anschluss Bremerhavens an Wesermünde, wobei allerdings das Überseehafengebiet bei Bremen verblieb. Der Zweite Weltkrieg hinterließ nach dem alliierten Bombenangriff vom 18. September 1944 eine im Innenstadtbereich weitgehend zerstörte Stadt. Nach Kriegsende gehörte das zum amerikanischen Nachschubhafen für Deutschland ausersehene Wesermünde mit Bremen zur amerikanischen Enklave innerhalb der britischen Besatzungszone und wurde 1947, unter Umbenennung in Bremerhaven, Teil des neuen Bundeslandes Bremen. Seitdem genießt die Seestadt, die sich noch im selben Jahr eine eigene kommunale Verfassung gab, große Eigenständigkeit innerhalb des Zwei-Städte-Staates.

In wirtschaftlicher Hinsicht haben sich seitdem große Wandlungen vollzogen. Nach dem Wiederaufbau der 1950er und 1960er Jahre, der der Innenstadt ein völlig neues Gesicht gab, und der erfolgreichen Eingliederung einer großen Zahl von Flüchtlingen und Vertriebenen erfuhren die klassischen Wirtschaftsbereiche Hafenumschlag, Schiffbau und Fischerei wieder einen starken Aufschwung.
Der Containerterminal 1986In den 1960er Jahren setzte bereits ein Strukturwandel ein, der zunächst den Hafensektor, dann auch die anderen Wirtschaftszweige erfasste und der bis heute nicht abgeschlossen ist. Fand der durch das Flugzeug bedingte rapide Rückgang des transatlantischen Passagierverkehrs einen Ausgleich im zukunftsträchtigen Containerumschlag, so hat sich die Mitte der 1980er Jahre mit der Schließung der renommierten Traditionswerft Rickmers sichtbar gewordene Krise des Schiffbaus noch verschärft; heute gibt es in Bremerhaven nur zwei Werften mittlerer Größe.

Ebenso war der Niedergang der deutschen Hochseefischerei mit erheblichen Auswirkungen auf den ehemals größten Fischereihafen des Kontinents verbunden, die allerdings durch zunehmende Diversifizierung teilweise aufgefangen werden konnte; die traditionelle Fischverarbeitung hat in diesem Zusammenhang eine Erweiterung zur allgemeinen Lebensmittelverarbeitung erfahren, eine Entwicklung, die u. a. durch den Ausbau der Lebensmitteltechnologie an der Hochschule Bremerhaven forciert wurde.

Das Alfred-Wegner-Institut 1996Angesichts einer Arbeitslosenquote von mehr als 20 Prozent setzt die Großstadt an der Unterweser mit ihren knapp 117.000 Einwohnern verstärkt auf den Ausbau wissenschaftlicher Forschungskapazitäten vor allem im maritimen Bereich, so mit dem Deutschen Schiffahrtsmuseum, der Hochschule Bremerhaven und dem Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, sowie auf die Ausweitung des touristischen Angebots, dessen konkrete Ausgestaltung Gegenstand aktueller Planungen ist.

Im Zuge dieser Entwicklung werden klassische Institutionen wie das Deutsche Schiffahrtsmuseum, das Historische Museum Bemerhaven/Morgenstern-Museum und der Zoo am Meer zunehmend ergänzt durch neue Attraktionen wie das im Herbst 2005 eröffnete Deutsche Auswandererhaus und das im Bau befindliche Klimahaus. So präsentiert sich Bremerhaven heute als eine Stadt im Umbruch, dessen Konturen sich deutlich abzuzeichnen beginnen.

Für vertiefende Informationen zur Geschichte Bremerhavens steht das Stadtarchiv zur Verfügung. Interessenten, die sich anhand einschlägiger Veröffentlichungen näher über die Geschichte Bremerhavens orientieren möchten, werden eine Auswahlbibliographie sowie die Veröffentlichungen des Stadtarchivs empfohlen.

Stadtarchiv Bremerhaven,
Postfach 21 03 60,
27524 Bremerhaven;
Tel. 0471 5902567;
Fax: 0471 5902005.
Stadtarchiv at magistrat.bremerhaven.de

Text: Dr. Hartmut Bickelmann, Stadtarchiv
Fotos: Stadtarchiv

Erläuterung und Beschreibung des Stadtwappens


Originaladresse des Artikels:
© bremerhaven.de 2009