Gut eine Woche nach der Wahlniederlage seiner Partei will sich der schleswig-holsteinische SPD-Ministerpräsident aus der Politik zurückziehen. Er stehe für eine weitere Amtsperiode für diesen Posten nicht zur Verfügung, erklärte der SPD-Politiker am Dienstag in Kiel.
Nach der Wahl seines Nachfolgers an der Regierungsspitze werde er nicht mehr Mitglied der Landesregierung sein, erklärte Albig. Damit wird er noch bis zum 6. Juni Ministerpräsident bleiben.
Albig übernahm mit seinem Rücktritt die Verantwortung für den Stimmverlust seiner Partei. Er stehe „wie kein anderer für die Arbeit der Küstenkoalition in den letzten fünf Jahren“, sagte Albig.
„Ehrverletzende Unterstellung“
Wörtlich erklärte er: „Um auch jedweder weiteren substanzlosen, aber dennoch für mich und mein persönliches Umfeld ehrverletzenden Unterstellung der Vermischung öffentlicher und privater Interessen den Boden zu entziehen, werde ich auch nicht dem künftigen schleswig-holsteinischen Landtag angehören.“
Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ hat in seiner aktuellen Ausgabe in einem Bericht spekuliert, ob Aufträge für die Werbeagentur seiner Lebensgefährtin im Zusammenhang mit Albigs politischer Position stehen könnten. Bärbel Boy, Chefin einer Kieler Kommunikationsagentur, soll Aufträge eines Waggonbauunternehmens nur wegen ihrer privaten Liaison erhalten haben.
Boy-Agentur entwarf Landeslogo
Nach Information der WELT hatte die Agentur von Boy enge Beziehungen zum Land gepflegt und unter anderem das Landeslogo „Der echte Norden“ entworfen. Der Auftrag davor war allerdings bereits von der Regierung des Albig-Vorgängers Peter Harry Carstensen (CDU) erteilt worden. Ihm sagte Boys Arbeit allerdings nicht zu. Erst unter Albig wurde das Logo eingeführt, ein „Rahmenvertrag“ zwischen Land und Agentur kurz darauf gekündigt.
Für Getuschel über eine mögliche Verquickung von Politischem, Geschäftlichem und Privatem sorgte im vergangenen Jahr außerdem ein Auftritt des Ministerpräsidenten bei einer Jubiläumsveranstaltung der Agentur Boy. Der Sozialdemokrat saß als „gewählter Krisenmanager“ auf dem Podium einer Diskussion mit dem Thema „Krise – Begriffsinflation oder zu Recht diagnostizierter Dauermodus?“
Umstrittenes Interview
Der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner sprach Albig kurz nach dessen Erklärung seinen Respekt für seine Entscheidung aus. Zwar sei es Albig nicht gelungen, eine neue Mehrheit für die Küstenkoalition zu gewinnen, aber er habe „über den Tag hinaus Maßstäbe für sein Land“ gesetzt, schreibt Stegner in einer Mitteilung.
Sowohl Stegner als auch die SPD-Parteispitze in Berlin hatten nach der Niederlage in Kiel Kritik an Albig geübt. Fehlende Konzepte des Ministerpräsidenten und auch sein umstrittenes Interview mit der Zeitschrift „Bunte“ wurden als Auslöser für die Stimmverluste der SPD betrachtet. Schilderungen zur Trennung von seiner langjährigen Ehefrau, die er als zu Hause „gefangene“ Mutter und Hausfrau beschrieb, lösten eine Diskussion über das Frauenbild Albigs aus.
Rein rechnerisch Jamaika oder große Koalition
Der 53-jährige Albig hatte fünf Jahre lang eine Koalition der SPD mit den Grünen und dem SSW angeführt. Für dieses Bündnis gibt es nun keine Mehrheit mehr. Aus der Landtagswahl am 7. Mai war die CDU mit 32 Prozent der Stimmen klar als stärkste Kraft hervorgegangen, die SPD war auf 27,2 Prozent gesunken.
Aktuell laufen Sondierungsgespräche über die neue Regierungsbildung, bei denen die FDP eine entscheidende Rolle spielen könnte.
Nach der Absage der FDP für eine Ampel kommen als neue Regierungskonstellation rein rechnerisch nur noch ein Jamaikabündnis aus CDU, Grünen und FDP oder eine große Koalition von CDU und SPD infrage.