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Corona: Streit um PCR-Test - Hersteller fordert mehr Mut vom Robert Koch-Institut (RKI)

Für Olfert Landt gibt es keinen Grund an der Zuverlässigkeit des PCR-Tests zum Nachweis vom Coronavirus zu zweifeln.
Für Olfert Landt gibt es keinen Grund an der Zuverlässigkeit des PCR-Tests zum Nachweis vom Coronavirus zu zweifeln. © imago images / tagesspiegel

Zuletzt wurde immer wieder Kritik an den sogenannten PCR-Tests zum Nachweis des Coronavirus laut. Olfert Landt, dessen Firma TIB Molbiol solche Tests herstellt, verteidigt die PCR-Methode. Landt wünscht sich allerdings mehr Mut beim Robert Koch-Institut (RKI), denn nicht jeder Corona-Infizierte sei auch ansteckend.

Fulda/Berlin - Im Interview mit unserer Zeitung hat der streitbare Jurist Reiner Füllmich unlängst behauptet, dass PCR-Tests zum Nachweis des Coronavirus nicht zuverlässig seien. Seine Thesen zielen auch auf die Vermarktung der Tests ab. So erklärte der Anwalt aus Göttingen im Interview: „Herr Drosten (Charité-Virologe Christian Drosten, d. Red) arbeitet mit Mitteln des Staates, der EU und der Bill-and-Melinda-Gates-Stiftung. Wenn er eine Erfindung macht, und sein langjähriger Geschäftspartner Olfert Landt kann das weltweit vermarkten, dann wird das die Gerichte sehr interessieren. Sie werden fragen: Wieso hat die Charité das nicht vermarktet?“

Mit diesen und weiteren Vorwürfen will Reiner Füllmich, dessen Thesen umstritten und von Corona-Experten teilweise widerlegt sind, unter anderem den Virologen Christian Drosten vor Gericht ziehen. Füllmich geht davon aus, „dass sich die Dinge sehr schnell bewegen werden, wenn etwa über die Verbindung von Christian Drosten und dem Unternehmer Olfert Landt öffentlich diskutiert wird.“

Corona-Test (PCR): Hersteller Olfert Landt wünscht sich „mehr Mut“ vom Robert Koch-Institut (RKI)

Olfert Landt ist Geschäftsführer der Firma TIB Molbiol, die die PCR-Tests herstellt - aktuell bis zu zwei Millionen Tests pro Woche. Unsere Zeitung hat mit dem Berliner Unternehmer gesprochen und ihn mit den Vorwürfen Reiner Füllmichs konfrontiert. Landt sagt, er kenne den Göttinger Anwalt nicht, habe aber eines seiner Coronavirus-Videos gesehen. In den Videos, die auf YouTube zu sehen sind, spricht der Füllmich über seine Einschätzung der Corona-Pandemie. Die Ausführungen zum Thema PCR bezeichnet Olfert Landt als „Quatsch“.

Laut Olfert Landt, dessen Unternehmen PCR-Tests herstellt, sind nur etwa die Hälfte der Corona-Infizierten ansteckend.
Laut Olfert Landt, dessen Unternehmen PCR-Tests herstellt, sind nur etwa die Hälfte der Corona-Infizierten ansteckend. © imago images / tagesspiegel

Coronavirus: Olfert Landt spricht über Arbeit mit Christian Drosten

„Es besteht ja diese diese krude Theorie, dass immer dieselben Leute zusammenarbeiten und Pandemien ausrufen“, sagt Landt im Gespräch mit unserer Zeitung. Dass in „schwierigen Situationen“ häufig dieselben Personen kooperierten, liege aber daran, „dass das eben die Fachleute sind“. Coronaviren seien Christian Drostens Fachgebiet. „Und wir haben es mit einem Coronavirus zu tun. Also wen sollte man mit hinzuziehen, wenn nicht die Arbeitsgruppe Drosten?“

Landt weist außerdem die Behauptung zurück, Drosten und er seien langjährige Geschäftspartner. „Die Charité kauft gelegentlich Primer und Sonden für die Forschung - das ist die einzige Geschäftsbeziehung“, betont der Berliner Unternehmer. „Geldflüsse oder sowas gibt es nicht.“ Vielmehr gebe es einen sachlichen Austausch von Informationen: „Wenn irgendwo ein neues Virus auftaucht, erwacht der Forschergeist, und man will ganz schnell eine Lösung finden - häufig zusammen mit oder auf Anfrage eines Forschungsinstituts.“

Olfert Landt: Corona-Maßnahmen der Politik sind richtig

Landt berichtet, sein Unternehmen verfüge bei der Herstellung von sogenannten Test-Kits über eine langjährige Expertise. „Wir arbeiten seit 30 Jahren in dem Feld. Schwerpunktmäßig machen wir Erreger-Diagnostik. Das heißt, wir liefern Bakterien-, Parasiten- und Viren-Nachweise.“ Aber auch jede andere Firma hätte die PCR-Kits laut Landt so schnell realisieren können, denn die Testbestandteile seien sofort publiziert worden. Der zeitliche Vorlauf, den TIB Molbiol durch die Zusammenarbeit mit der Charité hatte, beziffere sich in Tagen.

Olfert Landt hat keine Zweifel an der Gefährlichkeit des Coronavirus. Er hält auch die daraus resultierenden Maßnahmen der Politik für richtig. „In Bergamo haben wir gesehen, wie das Gesundheitssystem zusammengebrochen ist. Dort musste man entscheiden, ob man den 60-Jährigen dem 70-Jährigen vorzieht.“ Allein das zeige doch die „Gefährlichkeit dieser Infektion“.

Theorien, nach denen die Corona-Pandemie eine „Inszenierung“ sei, sorgen bei Olfert Landt für Kopfschütteln. „Wenn ich die Millionen, die wir in unserem Unternehmen mehr umgesetzt haben, mit dem vergleiche, was die Lufthansa am Tag verliert, dann kann das nicht der Sinn eines Plans sein. Dass solche Mythen Früchte tragen, das erschüttert mich“, so der Berliner.

Corona-Tests: Zweifel an PCR-Methode seien eine Anmaßung

Ähnlich entschieden stellt er sich Kritikern des PCR-Testverfahrens entgegen. Dieses anzuzweifeln hält Olfert Landt für eine Anmaßung. „Es wird ja die ganze Methode PCR diskreditiert. Es hat vor 37 Jahren einen Nobelpreis dafür gegeben. Seitdem wir seit Mitte der 90er Jahre PCR-basiert Blutspenden untersuchen, hat es so gut wie keine HIV-, HBV- und HCV-Fälle mehr im Blutspende-Wesen gegeben.“ Das liege daran, dass die PCR-Methode „so sensitiv und grundsätzlich gut“ sei.

PCR-Test

Beim Corona-Test wird Substanz von der Schleimhaut des Patienten entnommen, meist aus dem Rachen. Darin wird nach Viren gesucht. Weil die Mengen zum Nachweis zu klein sind, wird die Erbsubstanz der Viren vervielfältigt – und zwar mit der Polymerase-Kettenreaktion (englisch: polymerase chain reaction (PCR)). Die Anzahl der Zyklen sagt also aus, wie oft die Erbsubstanz verdoppelt wurde. Zehn Kopien sind üblicherweise nach 36 Zyklen sichtbar. Die erreichbare Nachweisgrenze liegt im Bereich von einer bis zehn Kopien.

Die Debatte um den PCR-Test wird vor allem deshalb so hitzig geführt, weil Zweifler behaupten, der Test würde zu viele sogenannte Zyklen durchlaufen. Anwalt Reiner Füllmich etwa sagt: „In Deutschland werden offensichtlich alle Tests durch sehr viele Zyklen auf hohe Werte getrimmt, um möglichst viele positive Ergebnisse hervorzubringen. Selbst genetische Bestandteile einer früheren Grippe können zu einem positiven Ergebnis führen.“ Für Olfert Landt ist diese Behauptung Füllmichs „Quatsch“. Landt betont: „Sie können bei einer negativen PCR 100 Zyklen machen, und die bleibt dann auch negativ.“ Es gebe keine verwandten zirkulierenden Viren, weswegen falsch positive PCR-Testergebnisse ausgeschlossen seien.

„Etwa die Hälfte der Corona-Infizierten nicht infektiös“ - Landt fordert mehr Mut

In einem Punkt scheinen Olfert Landt und Reiner Füllmich aber einig zu sein: Nicht jede positiv auf das Coronavirus getestete Person ist auch ansteckend. „Wir wissen, dass Leute mit einer geringen Viruslast nicht infektiös sind“, sagt Landt. Der Hersteller der PCR-Tests glaubt, dass schätzungsweise die Hälfte aller positiv getesteten Personen nicht infektiös seien. Um gefährlich für Dritte zu sein, müsse man „100-mal mehr Viruslast in sich tragen als die Nachweisgrenze der Tests“.

Landt spricht sich vor diesem Hintergrund für ein Umdenken bei den Behörden aus: „Es wäre klug, wenn man die Testergebnisse mit einer Bewertung herausgeben würde“, findet Landt. Wenn eine Person zwar positiv auf das Coronavirus getestet wurde, aber gar nicht oder nur wenig infektiös sei, dann könnten die Behörden beispielsweise aussprechen, dass Kontakte vermieden werden sollen. Eine Quarantäne würde nur dann angeordnet, wenn die Ansteckungsgefahr hoch ist. „Das traut man sich leider in der Öffentlichkeit nicht“, sagt Landt, der sich gerade vom Robert Koch-Institut diesbezüglich „mehr Mut“ wünscht.

Video: Diese unterschiedlichen Corona-Tests gibt es

Hintergrund

Zur „Sensitivität“ und „Spezifität“ von PCR-Diagnostik-Tests äußert sich Olfert Landt wie folgt: „Man unterscheidet analytische und diagnostische Werte, die leider häufig verwechselt werden. Die diagnostische Sensitivität ist die sichere Nachweisgrenze - sie liegt meist bei etwas unter zehn Viren - und lässt sich mit Verdünnungen bestimmen. Die diagnostische Spezifität bezeichnet die Eigenschaft, nicht fälschlich andere Erreger zu erfassen; das lässt sich experimentell mit Proben anderer Erreger zeigen. Beide Werte sind von jedem Labor nachprüfbar.

Die diagnostischen Werte beruhen auf dem Vergleich zweier Methoden; ist der Vergleichstest etwas sensitiver, verpasst der Test kleinste Mengen und hat eine schlechtere diagnostische Sensitivität; ist der Vergleichstest etwas weniger sensitiv, bekommt der Test ‚falsch positive‘ Ergebnisse angerechnet, die rechnerisch zu einer schlechteren diagnostischen Spezifität führen. Da sich alle Tests etwas unterscheiden, liegen diese Werte niemals bei 100 Prozent. Eine Spezifität unter 100 Prozent wird fälschlich als Auftreten falsch positiver Testergebnisse proklamiert.

PCR-Ergebnisse sind tatsächlich fast immer richtig, entsprechen aber manchmal einer so niedrigen Viruslast, dass die Personen weder krank noch infektiös sind. PCR weist das Genom des Erregers nach und nicht eine Krankheit. Normalerweise wird PCR bei Vorliegen von Symptomen durchgeführt, um festzustellen, wer der Erreger ist. Beim Coronavirus gibt es symptomlose Personen mit einer hohen Virusmenge, die andere infizieren können - aus diesem Grund ist das Testen von Personen ohne Symptome sinnvoll. Positive Coronavirus-Laborbefunde basieren auf dem Nachweis von zwei Virus-Genen und sind somit doppelt abgesichert.“

Beim Thema Corona-Impfstoff ist Olfert Landt dagegen zuversichtlich: „Die Impfstoffe schützen laut Berichten allesamt zu mehr als 90 Prozent. Das ist ausreichend.“ Es sei „relativ egal“, ob man mit Virus-Protein, attenuiertem oder totem Virus, Trägerviren oder selbst hergestelltem Protein (RNA Vaccine wie Biontec) arbeite - „das Immunsystem sieht das Protein, erlernt eine spezifische Antwort und schützt gegen eine Infektion.“

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