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Document 32022R1280

Verordnung (EU) 2022/1280 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2022 zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen, in Anbetracht der Invasion der Ukraine durch Russland, in Bezug auf von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellte Fahrerdokumente (Text von Bedeutung für den EWR)

PE/45/2022/REV/1

OJ L 195, 22.7.2022, p. 13–20 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2022/1280/oj

22.7.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 195/13


VERORDNUNG (EU) 2022/1280 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 18. Juli 2022

zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen, in Anbetracht der Invasion der Ukraine durch Russland, in Bezug auf von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellte Fahrerdokumente

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 24. Februar 2022 starteten russische Streitkräfte ausgehend von der Russischen Föderation, von Belarus und von ukrainischen Gebieten, die nicht von der Regierung des Landes kontrolliert werden, an mehreren Orten eine groß angelegte Invasion der Ukraine. Infolgedessen sind beträchtliche Teile des ukrainischen Hoheitsgebiets nun Gebiete bewaffneter Konflikte, aus denen Millionen von Menschen geflohen sind oder immer noch fliehen.

(2)

Infolge dieser grundlosen und ungerechtfertigten militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine sind Millionen von Menschen vertrieben worden. Als Reaktion darauf hat der Rat gemäß der Richtlinie 2001/55/EG des Rates (2) mit dem Erlass des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 des Rates (3), in dem die Kategorien von Vertriebenen festgelegt sind, denen nach nationalem Recht in der Union vorübergehender Schutz oder angemessenen Schutz gewährt wird, erstmals einen Massenzustrom von Vertriebenen in die Union festgestellt, die infolge eines bewaffneten Konflikts die Ukraine verlassen mussten.

(3)

Führerscheine verbessern die Mobilität ihrer Inhaber und erleichtern ihren Alltag, da sie das Führen von Kraftfahrzeugen ermöglichen. Für die Tätigkeit als Berufskraftfahrer für die Beförderung von Gütern und Personen in einem in der Union niedergelassenen Unternehmen ist ein Befähigungsnachweis für den Inhaber erforderlich. In der derzeitigen Situation fördern beide Arten von Dokumenten die Teilhabe von Personen, denen nach nationalem Recht vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz gewährt wird, an wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten in ihrem neuen Umfeld.

(4)

Gemäß Anhang XXXII des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits (4) hat die Ukraine ihre Rechtsvorschriften an die Bestimmungen der Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5) angeglichen, um insbesondere die Ausstellung entsprechender Befähigungsnachweise für Bus- und Lkw-Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr zu ermöglichen.

(5)

Das am 8. November 1968 in Wien geschlossene Übereinkommen über den Straßenverkehr (im Folgenden „Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr“), dessen Vertragspartei die Ukraine ist, enthält bestimmte Vorschriften, die die Anerkennung von Führerscheinen unter bestimmten Voraussetzungen gestatten. Es sind jedoch nicht alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien dieses Übereinkommens. Darüber hinaus gibt es für den Umtausch von Führerscheinen oder Befähigungsnachweisen, die von Drittländern wie der Ukraine ausgestellt wurden, derzeit keinen harmonisierten Unionsahmen. Die Anforderungen im Zusammenhang mit einem möglichen Umtausch von Führerscheinen sind größtenteils in den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten oder in bestehenden bilateralen Abkommen zwischen diesen Mitgliedstaaten und der Ukraine festgelegt. Unterschiedliche Anforderungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf die Anerkennung von Führerscheinen und Befähigungsnachweisen, können das Leben und die Grundfreiheiten von Vertriebenen, die vor der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine fliehen, zu einem Zeitpunkt beeinträchtigen, zu dem diese Personen besonders schutzbedürftig sind.

(6)

In diesem Zusammenhang ist es daher angezeigt, einen gemeinsamen Unionsrahmen für die Anerkennung von Führerscheinen zu schaffen, die von der Ukraine ausgestellt wurden und im Besitz von Personen sind, denen nach nationalem Recht vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz gewährt wird. Um die Belastung solcher Personen und der Behörden der Mitgliedstaaten zu verringern, sollten Führerscheine, die die Ukraine diesen Personen ordnungsgemäß ausgestellt hat, für die Dauer ihres vorübergehenden Schutzes anerkannt werden, ohne dass die Inhaber sie umtauschen müssen.

(7)

Nach dem Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr müssen die Inhaber von Führerscheinen einen internationalen Führerschein vorlegen, damit in bestimmten Fällen ihre Fahrerlaubnis anerkannt werden kann. Von solchen Inhabern kann auch verlangt werden, eine beglaubigte Übersetzung ihres Führerscheins vorzulegen. Diese Anforderungen stellen jedoch für die aus der Ukraine vertriebenen Menschen eine unverhältnismäßige Belastung dar und können in vielen Fällen wahrscheinlich nicht erfüllt werden. Daher sollte von solchen Personen, denen nach nationalem Recht vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz gewährt wird, die Vorlage solcher Dokumente im Gebiet der Union nicht verlangt werden. Diese Anerkennung sollte vorbehaltlich des Territorialitätsprinzips die Anwendung von strafrechtlichen und polizeilichen Vorschriften unberührt lassen.

(8)

Obwohl die Ukraine ihre nationalen Rechtsvorschriften für Fahrer im grenzüberschreitenden Verkehr bereits an die Richtlinie 2003/59/EG angeglichen hat, müssen ukrainische Berufskraftfahrer, die für in der Union niedergelassene Kraftverkehrsunternehmen arbeiten möchten, noch die entsprechende Qualifikation und Ausbildung in einem Mitgliedstaat absolvieren. Daher sollten Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den betreffenden Personen einen Fahrerqualifizierungsnachweis gemäß der Richtlinie 2003/59/EG auszustellen oder Personen, denen vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird und die Inhaber eines von der Ukraine gemäß den nationalen Rechtsvorschriften der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises sind, auf dem entsprechenden Führerschein den besonderen befristeten Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ zu vermerken, um den betreffenden Personen vorübergehend ähnliche Rechte zu verleihen wie Personen, die zum Führen von Fahrzeugen gemäß Artikel 1 der Richtlinie 2003/59/EG qualifiziert sind. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten nationale Vorschriften erlassen, in denen der Umfang und die Dauer einer ergänzenden obligatorischen Ausbildung und einer anschließenden Prüfung festgelegt werden, um sicherzustellen, dass die betreffenden Personen die in der Richtlinie 2003/59/EG festgelegten Standards erfüllen. Im Falle einer Erklärung über den Verlust oder den Diebstahl eines von der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises sollten die Mitgliedstaaten außerdem in der Lage sein, bei den zuständigen Behörden der Ukraine zu prüfen, ob die betreffende Person im Besitz eines von der Ukraine ausgestellten gültigen Befähigungsnachweises ist. Als ergänzende Maßnahme kann der besondere befristete Unionscode auch auf der dem Fahrer ausgestellten Fahrerbescheinigung vermerkt werden.

(9)

Da Führerscheine und Fahrerqualifizierungsnachweise in der Regel eine begrenzte Gültigkeitsdauer haben, müssen sie regelmäßig erneuert werden. In der derzeitigen Situation ist es der Ukraine nicht möglich, ihre Aufgaben in gewohnter Weise wahrzunehmen, weshalb bestehende Verwaltungsdokumente unter Umständen nicht erneuert werden können. Die Mitgliedstaaten sollten daher Informationen berücksichtigen, die die Ukraine ihnen und der Kommission auf offiziellem Wege zur Verfügung stellen kann.

(10)

Die Umstände der Flucht vor dem Krieg führen häufig dazu, dass Führerscheine verloren gehen, gestohlen werden oder in der Kriegszone zurückgelassen werden müssen, ohne dass die unmittelbare Möglichkeit besteht, sie wiederzuerlangen. In einem solchen Fall sollte es den Mitgliedstaaten gestattet sein, befristete Führerscheine auszustellen, die die ursprünglichen Führerscheine für die Dauer des vorübergehenden Schutzes ersetzen, sofern die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in der Lage sind, die von den Vertriebenen gemachten Angaben zu überprüfen, z. B. durch Zugang zu den nationalen Registern der Ukraine. Diese befristeten Führerscheine sollten in der Union gegenseitig anerkannt werden, und ihre Gültigkeitsdauer sollte die Dauer des vorübergehenden Schutzes nicht überschreiten.

(11)

Die Ausstellung befristeter Führerscheine im Falle verloren gegangener oder gestohlener ukrainischer Führerscheine und die Einrichtung einer obligatorischen Zusatzausbildung für Inhaber eines Fahrerqualifizierungsnachweises sind optionale Maßnahmen, die möglicherweise verhältnismäßige nationale Durchführungsmaßnahmen erfordern. Entsprechende nationalen Maßnahmen sollten im Einklang mit den in dem jeweiligen Mitgliedstaat festgelegten einschlägigen Verfahren verabschiedet werden.

(12)

Die Bekämpfung von Betrug und Fälschung ist für die Aufrechterhaltung der Straßenverkehrssicherheit und die Durchsetzung der Rechtsvorschriften von entscheidender Bedeutung. Daher sollte die Umsetzung dieser Verordnung mit Verwaltungszusammenarbeit zwischen der Ukraine und der Union einhergehen, um die Überprüfung der Gültigkeit und Authentizität von von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokumenten zu fördern.

(13)

Da das Ziel dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(14)

Um den Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten zu minimieren und mehrfache Erneuerungen zu verhindern, sollte das auf im Einklang mit dieser Verordnung ausgestellten Fahrerdokumenten verzeichnete Ablaufdatum der derzeitigen Höchstdauer des vorübergehenden Schutzes in Bezug auf aus der Ukraine Vertriebene entsprechen, wobei die entsprechenden möglichen Verlängerungen nach Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG berücksichtigt werden. Allerdings sollte die Gültigkeit der Dokumente ungeachtet des darauf verzeichneten Ablaufdatums der Dauer des vorübergehenden Schutzes entsprechen.

(15)

In Anbetracht der Invasion der Ukraine durch Russland und der Dringlichkeit, besondere und vorübergehende Maßnahmen in Bezug auf die von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellten Fahrerdokumente festzulegen, wird es als angemessen erachtet, die Ausnahme von der Achtwochenfrist gemäß Artikel 4 des dem EUV, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der einzelstaatlichen Parlamente in der Europäischen Union in Anspruch zu nehmen.

(16)

Da unverzüglich besondere und vorübergehende Maßnahmen für die von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellten Fahrerdokumente festgelegt werden müssen, sollte diese Verordnung aus Gründen der Dringlichkeit fünf Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.

(17)

In Anbetracht der außergewöhnlichen Umstände, die diese Verordnung begründen, und der konkreten verfolgten Ziele sollte ihre Anwendung zeitlich begrenzt sein —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Mit dieser Verordnung werden besondere und vorübergehende Maßnahmen für Fahrerdokumente festgelegt, die von der Ukraine gemäß ihren Rechtsvorschriften ausgestellt wurden und im Besitz von Personen sind, denen gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet „von der Ukraine ausgestellte Fahrerdokumente“

a)

von der Ukraine ausgestellte Führerscheine, aus denen hervorgeht, dass und unter welchen Bedingungen ein Fahrer nach ukrainischem Recht zum Führen von Fahrzeugen berechtigt ist; oder

b)

Fahrerqualifizierungsnachweise, die die Ukraine gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der genannten Richtlinie im Einklang mit Artikel 368 Absatz 1 und Anhang XXXII des Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Ukraine andererseits für in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/59/EG fallende Fahrer von Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Güter- oder Personenkraftverkehr ausgestellt hat.

Artikel 3

Anerkennung von Führerscheinen, die von der Ukraine ausgestellt wurden

(1)   Von der Ukraine ausgestellte gültige Führerscheine werden im Gebiet der Union anerkannt, wenn ihren Inhabern gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem dieser vorübergehende Schutz endet. Diese Anerkennung gilt unbeschadet der Anwendung innerstaatlicher Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Einklang mit dem straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsgrundsatz.

(2)   Ist eine Person, der nach nationalem Recht vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 gewährt wird, im Besitz eines gültigen von der Ukraine ausgestellten Führerscheins, so dürfen die Mitgliedstaaten weder die Vorlage einer beglaubigten Übersetzung noch eines internationalen Führerscheins nach Artikel 41 Absatz 2 des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr verlangen. Die Mitgliedstaaten können die Vorlage eines Reisepasses, einer Bescheinigung über den vorübergehenden Aufenthalt oder eines anderen entsprechenden Dokuments verlangen, um die Identität des Inhabers des Führerscheins zu überprüfen.

Artikel 4

Fahrerqualifizierungsnachweise und Fahrerbescheinigungen

(1)   Auf Antrag des Inhabers eines gemäß Artikel 2 Buchstabe b dieser Verordnung von der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises, dem gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, kann der Mitgliedstaat, der dieser Person eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt hat, oder der Mitgliedstaat, in dem diese Person nach nationalem Recht angemessener Schutz gewährt wurde,

a)

abweichend von Anhang I Nummer 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (6) auf Seite 2 in Feld 12 des Führerscheins der betreffenden Person den besonderen befristeten Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ — bedeutet „Kraftfahrer, der Inhaber eines Befähigungsnachweises ist und die Befähigungspflicht erfüllt — Sonderausfertigung, nur für die Dauer des vorübergehenden Schutzes“ — vermerken, sofern diese Person auch im Besitz eines von diesem Mitgliedstaat nach dem Unionsmuster ausgestellten Führerscheins ist, oder

b)

dieser Person gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Richtlinie 2003/59/EG einen Fahrerqualifizierungsnachweis ausstellen, in dem der besondere befristete Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ auf Seite 2 in Feld 10 vermerkt ist.

Abweichend von Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie 2003/59/EG ist es einem Kraftfahrer, der vorübergehenden Schutz oder angemessenen Schutz nach nationalem Recht genießt und Inhaber eines von der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises zur Güterbeförderung ist, außerdem gestattet, den Nachweis über die in Absatz 4 dieses Artikels genannte Qualifikation und Ausbildung durch die in der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) vorgesehene Fahrerbescheinigung zu erbringen, sofern auf dieser Bescheinigung der Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ vermerkt ist.

Für die Zwecke dieser Verordnung vermerkt der ausstellende Mitgliedstaat den Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ im für Bemerkungen vorgesehenen Feld auf der Fahrerbescheinigung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009, wenn der betreffende Inhaber die Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen und die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit nach diesem Artikel erfüllt hat.

(2)   Die Fahrerqualifizierungsnachweise und der Vermerk auf den Führerscheinen gemäß Absatz 1 Buchstaben a und b dieses Artikels und die Fahrerbescheinigungen nach Absatz 1 Unterabsatz 2 dieses Artikels werden im Gebiet der Union gegenseitig anerkannt. Bei Inhabern solcher Fahrerqualifizierungsnachweise, solcher mit dem besonderen befristeten Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ versehener Führerscheine oder solcher mit dem besonderen befristeten Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ versehener Fahrerbescheinigungen wird davon ausgegangen, dass sie die in Artikel 3 der Richtlinie 2003/59/EG festgelegte Pflicht zu einer Grundqualifikation erfüllen, die für das Führen von Fahrzeugen erforderlich ist.

(3)   Unbeschadet künftiger Rechtsakte der Union bezüglich der Dauer des vorübergehenden Schutzes ist das Ablaufdatum auf solchen Fahrerqualifizierungsnachweisen oder das dem auf den Führerscheinen vermerkten besonderen befristeten Unionscode beigefügte Ablaufdatum abweichend von Anhang I Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 11 der Richtlinie 2006/126/EG und Anhang II Ziffer 4 Buchstabe b der Richtlinie 2003/59/EG der 6. März 2025.

Ungeachtet des auf diesen Dokumenten angegebenen Datums entspricht ihre Gültigkeitsdauer jedoch der Dauer des vorübergehenden Schutzes für aus der Ukraine vertriebene Personen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG, der Dauer des angemessenen Schutzes des Inhabers nach nationalem Recht oder der Gültigkeitsdauer des Führerscheins, je nachdem, welche zuerst endet. Der Inhaber wird über diese Einschränkung angemessen informiert.

(4)   Vor der Ausstellung des Fahrerqualifizierungsnachweises oder vor der Eintragung des besonderen befristeten Unionscodes „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ auf dem Führerschein oder auf der Fahrerbescheinigung gemäß Absatz 1 dieses Artikels verlangen die Mitgliedstaaten von dem Inhaber des von der Ukraine ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweises gemäß Artikel 2 Buchstabe b eine mit einer Prüfung abgeschlossene ergänzende obligatorische Ausbildung, um zu überprüfen, ob der Fahrer über den in Anhang I Abschnitt 1 der Richtlinie 2003/59/EG geforderten Kenntnisstand verfügt.

Die Dauer der ergänzenden obligatorischen Ausbildung beträgt mindestens 35 Stunden und darf 60 Stunden nicht überschreiten, einschließlich mindestens 2,5 Stunden, in denen gemäß Anhang I Abschnitt 2 Nummer 2.1 der Richtlinie 2003/59/EG persönlich ein Fahrzeug geführt wird. Eine solche Ausbildung kann in Form einer obligatorischen Weiterbildung gemäß Anhang I Abschnitt 4 der Richtlinie 2003/59/EG erfolgen. Bezüglich des in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden besonderen Ausbildungsbedarfs sollte ein Schwerpunkt darauf gelegt werden, dass der Fahrer Kenntnisse der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) erlangt.

Nach Abschluss dieser Ausbildung wird der Kraftfahrer von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder der von ihnen benannten Stelle einer schriftlichen oder mündlichen Prüfung unterzogen oder legt in einem dafür festgelegten Testzentrum einen computergestützten Test ab.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission vor der Ausstellung des Fahrerqualifizierungsnachweises oder vor der Eintragung des Vermerks im Führerschein gemäß Absatz 1 die gemäß dem vorliegenden Absatz erlassenen nationalen Vorschriften mit.

(5)   Im Falle des Verlusts oder Diebstahls eines Fahrerqualifizierungsnachweises gemäß Artikel 2 Buchstabe b dieser Verordnung, dessen Inhaber eine Person ist, der gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, kann der Mitgliedstaat, der dieser Person einen befristeten Aufenthaltstitel erteilt hat oder dieser Person nach nationalem Recht angemessenen Schutz gewährt, auf deren Antrag, auch mit den zuständigen Behörden der Ukraine, überprüfen, ob diese Person Inhaber eines von der Ukraine gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften ausgestellten gültigen Befähigungsnachweises ist und kein von einem anderen Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 dieses Artikels mit einem Vermerk versehenes oder ausgestelltes Dokuments besitzt.

Nach dieser Überprüfung kann der betreffende Mitgliedstaat nach den Verfahren der Absätze 1 bis 4 den Fahrerqualifizierungsnachweis ausstellen oder den besonderen befristeten Unionscode „95.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“ auf dem Führerschein oder auf der Fahrerbescheinigung vermerken.

(6)   Wenn eine Person gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht im Besitz eines von einem Mitgliedstaat nach dem Unionsmuster ausgestellten Führerscheins ist, schreiben die Mitgliedstaaten eine Untersuchung vor, bei der Mindeststandards der körperlichen und geistigen Eignung für das Führen eines Fahrzeugs im Einklang mit den zur Umsetzung von Anhang III der Richtlinie 2006/126/EG erlassenen nationalen Rechtsvorschriften angewandt werden, vor der Ausstellung des Fahrerqualifizierungsnachweis oder vor der Eintragung des besonderen befristeten Unionscodes gemäß dieses Artikels.

(7)   Wenn die Anwendungsdauer hinsichtlich von Vertriebenen aus der Ukraine gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG endet, werden die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Fahrerqualifizierungsnachweise und Fahrerbescheinigungen sowie der auf den Führerscheinen vermerkte besondere befristete Unionscode gemäß diesem Artikel ungültig.

Artikel 5

Verlängerung der Gültigkeit von von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokumente, die abgelaufen sind

Unbeschadet der Artikel 3, 4 und 6 sehen die Mitgliedstaaten, wenn die Ukraine Beschlüsse zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer der von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokumente erlässt, die nach dem 31. Dezember 2021 abgelaufen sind, für die Zwecke der Artikel 3, 4 und 6 die Inhaber der einschlägigen von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokumente als Inhaber gültiger Dokumente an, sofern die Ukraine die Kommission und die Mitgliedstaaten über ihren Beschluss, die Gültigkeitsdauer dieser Fahrerdokumente zu verlängern, in Kenntnis setzt. Diese Informationen werden über angemessene offizielle Kanäle mitgeteilt.

Artikel 6

Von der Ukraine ausgestellte verlorene oder gestohlene Führerscheine

(1)   Erklärt eine Person, der gemäß der Richtlinie 2001/55/EG und dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 vorübergehender Schutz oder angemessener Schutz nach nationalem Recht gewährt wird, den Verlust oder Diebstahl ihres Führerscheins, so kann der Mitgliedstaat, der dieser Person einen befristeten Aufenthaltstitel erteilt hat oder ihr nach nationalem Recht angemessenen Schutz gewährt, auf deren Antrag, auch bei den zuständigen Behörden der Ukraine prüfen, welche Fahrerlaubnisse diese Person nach den Rechtsvorschriften der Ukraine erworben hat und ob kein anderer Mitgliedstaat dieser Person bereits einen Führerschein gemäß diesem Artikel ausgestellt hat, insbesondere um sicherzustellen, dass der Führerschein nicht eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde.

(2)   Abweichend von Artikel 11 Absatz 6 der Richtlinie 2006/126/EG kann ein Mitgliedstaat im Anschluss an die Überprüfung gemäß Absatz 1 dieses Artikels der betreffenden Person einen Führerschein der gleichen Klasse oder Klassen nach dem Unionsmuster in Anhang I der Richtlinie 2006/126/EG ausstellen. In einem solchen Fall geben die Mitgliedstaaten abweichend von Anhang I Nummer 12 der Richtlinie 2006/126/EG in Feld 12 den besonderen befristeten Unionscode „99.01 (höchstens bis zum 6. März 2025)“, mit der Bedeutung „Sonderausfertigung, nur für die Dauer des vorübergehenden Schutzes gültig (verlorener oder gestohlener UA-Führerschein)“, ein.

Nach Durchführung der Überprüfung gemäß Absatz 1 dieses Artikels und vor der Ausstellung eines Führerscheins gemäß diesem Absatz für die Klassen AM, A1, A2, A, B, B1 und BE können die Mitgliedstaaten eine Untersuchung vorschreiben, bei der Mindeststandards der körperlichen und geistigen Eignung für das Führen eines Fahrzeugs im Einklang mit den zur Umsetzung von Anhang III der Richtlinie 2006/126/EG erlassenen nationalen Rechtsvorschriften angewandt werden.

Nach Durchführung der Überprüfung gemäß Absatz 1 dieses Artikels und vor der Ausstellung eines Führerscheins gemäß diesem Absatz für die Klassen C, CE, C1, C1E, D, DE, D1 und D1E schreiben die Mitgliedstaaten eine Untersuchung vor, bei der Mindeststandards der körperlichen und geistigen Eignung für das Führen eines Fahrzeugs im Einklang mit den zur Umsetzung von Anhang III der Richtlinie 2006/126/EG erlassenen nationalen Rechtsvorschriften angewandt werden.

(3)   Der Führerschein nach Absatz 2 dieses Artikels wird in der Union gegenseitig anerkannt. Unbeschadet künftiger Rechtsakte der Union bezüglich der Dauer des vorübergehenden Schutzes ist das Ablaufdatum auf solchen Führerscheinen abweichend von Anhang I Nummer 4 Buchstabe b und Nummer 11 der Richtlinie 2006/126/EG der 6. März 2025. Ungeachtet des auf einem solchen Führerschein angegebenen Datums entspricht seine Gültigkeitsdauer jedoch der Dauer des vorübergehenden Schutzes für aus der Ukraine vertriebene Personen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG oder der Dauer des vorübergehenden Schutzes oder des angemessenen Schutzes des Inhabers nach nationalem Recht, je nachdem, welche zuerst endet. Der Inhaber wird über diese Einschränkung angemessen informiert.

(4)   Ist eine Überprüfung gemäß Absatz 1 nicht möglich, so stellt der betreffende Mitgliedstaat den Führerschein nach Absatz 2 nicht aus. In diesem Fall kann der Mitgliedstaat der betreffenden Person gemäß seinen nationalen Rechtsvorschriften einen ausschließlich in seinem Hoheitsgebiet gültigen Führerschein ausstellen. Solche Führerscheine weichen von dem Muster in Anhang I der Richtlinie 2006/126/EG ab.

(5)   Wenn die Dauer des vorübergehenden Schutzes für Vertriebene aus der Ukraine gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG geendet hat, werden die von den Mitgliedstaaten gemäß diesem Artikel ausgestellten Führerscheine ungültig.

Artikel 7

Verhinderung von Betrug und Fälschung

Bei der Anwendung dieser Verordnung setzen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Mittel ein, um Betrug im Zusammenhang mit von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokumenten und deren Fälschung zu verhindern und zu bekämpfen.

Die Mitgliedstaaten können die Gültigkeit der von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokumente jederzeit überprüfen. Wenn die ukrainischen Behörden, die von den Mitgliedstaaten zu den vom Inhaber eines von der Ukraine ausgestellten Fahrerdokuments geltend gemachten Rechten konsultiert werden, eine negative Auskunft erteilen oder keine Antwort geben und schwerwiegende Bedenken bezüglich der Authentizität des Fahrerdokuments bestehen, die nahelegen, dass die Straßenverkehrssicherheit gefährdet sein könnte, können die Mitgliedstaaten sich weigern, ein solches Fahrerdokument anzuerkennen.

Die Mitgliedstaaten wenden die Bestimmungen dieser Verordnung nicht auf von der Ukraine ausgestellte Fahrerdokumente in elektronischer Form an, wenn sie nicht in der Lage sind, deren Authentizität, Integrität und Gültigkeit zu überprüfen.

Artikel 8

Überwachung

Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung alle sechs Monate über deren Umsetzung, hauptsächlich auf der Grundlage von Informationen, die der Kommission von den Mitgliedstaaten übermittelt wurden.

Artikel 9

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am fünften Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Die Geltung dieser Verordnung endet an dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem die in Artikel 4 der Richtlinie 2001/55/EG genannte Dauer des vorübergehenden Schutzes von Vertriebenen aus der Ukraine gemäß Artikel 6 der genannten Richtlinie endet.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 18. Juli 2022.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Der Präsident

Z. NEKULA


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 18. Juli 2022.

(2)  Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).

(3)  Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1).

(4)  ABl. L 161 vom 29.5.2014, S. 3.

(5)  Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates (ABl. L 226 vom 10.9.2003, S. 4).

(6)  Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18).

(7)  Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72).

(8)  Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 1).


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