The Wayback Machine - https://web.archive.org/web/20210324120550/https://www.mopo.de/hamburg/frachter-rammt-faehre-knapp-an-der-katastrophe-vorbei-32016794
Aktuelle Nachrichten aus Hamburg, der Welt, zum HSV und der Welt der Promis.

Frachter rammt Fähre: Knapp an der Katastrophe vorbei

Ever Given

Schiffskollision auf der Elbe: Der Frachter „Ever Given“ kracht gegen den Anleger Blankenese.

Foto:

JOTO/ JOTO

Ein riesiges Containerschiff, ein winziger Anleger und dazwischen eine kleine Hadag-Fähre: Am Sonnabendvormittag hat es am Anleger Blankenese laut geknallt. Der Frachter „Ever Given“ kollidierte mit der „Finkenwerder“, die jetzt ein Totalschaden ist (MOPO berichtete). Viel deutet mittlerweile darauf hin, dass der starke Wind den Crash verursacht hat – und nur der Zufall ein größeres Unglück verhindert hat.

Sonnabend, kurz vor zehn Uhr am Vormittag. Mit einem Mal gerät die „Ever Given“ der taiwanesischen Reederei Evergreen aus der Fahrrinne. Immer näher kommt der 400 Meter lange Riesenpott dem Ufer. Bedrohlich nah taucht er plötzlich vor dem Anleger Blankenese auf, wo gerade die Hadag-Fähre „Finkenwerder“ (25 Meter lang) liegt. Dann knallt es. Die Fähre wird massiv beschädigt, Aufbauten werden tief eingedrückt, Scheiben zerspringen.

Fähre Finkenwerder

Die Hadag-Fähre „Finkenwerder“ wurde bei der Kollision mit dem Frachter schwer beschädigt.

Foto:

dpa

Zum Glück waren keine Passagiere an Bord

Glück im Unglück: Trotz des Linienbetriebs waren gerade keine Passagiere an Bord. Sonst hätte die Kollision möglicherweise verheerende Folgen gehabt. Dennoch: Die drei Besatzungsmitglieder erlitten einen schweren Schock, der Kapitän wurde vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht.

Auch der Ponton wurde beschädigt. Die Polizei stellte einen Riss fest und   sperrte den Anleger, auf dem sich auch zwei Restaurants befinden, für eine unbestimmte Zeit. Es fehlten also nur ein paar Meter, und der Frachter hätte den ganzen Ponton mitgerissen!

Fähre ist ein Totalschaden

Ersten Schätzungen zufolge geht der Schaden in die Hunderttausende. Allein die „Finkenwerder“ sei ein „wirtschaftlicher Totalschaden“, sagte ein Polizeisprecher.

Die Ermittlungen zur Unfallursache laufen. Beamte der Wasserschutzpolizei gingen unmittelbar nach dem Unglück an Bord und fuhren bis nach Rotterdam mit, um eine Chronologie der Beinahe-Katastrophe zu erstellen. Erste Ergebnisse sollen am Montag bekannt gegeben werden.

Starker Wind als Ursache?

Ersten Berichten zufolge sollte die Ruderanlage ausgefallen sein. Doch das wurde später zurück genommen. Auch ein Maschinenausfall kommt als Erklärung in Frage. Vieles deutet jedoch auf unvorhergesehene Wetterbedingungen hin.

Zum Zeitpunkt der Kollision herrschte Windstärke sieben vor Blankenese – bei Böen der Stärke acht! Offenbar zuviel für ein Schiff mit Ausmaßen der „Ever Given“. Denn auf Höhe Blankenese fahren die Frachter üblicherweise mit sechs Knoten – zu langsam, um Starkwinde „abzuwettern“, wie es in der Sprache der Seefahrt heißt.

Wind drückte Schiff Richtung Blankeneser Elbufer

Hinzu kam: Der Wind blies aus Süd-West, also schräg von der Seite – und drückte das hohe Schiff Richtung nördliches Elbufer.

Obwohl zur Unterstützung des Kapitäns zwei Lotsen an Bord waren, wie es in Hamburg vorgeschrieben ist, und obwohl der Frachter am Schlepper hing – bei starken Böen sind die hohen Schiffe sehr anfällig und laut Insidern schwer zu kontrollieren.

„Das ist wie Glatteis beim Autofahren“

„Das ist wie Glatteis beim Autofahren“, erklärt ein erfahrener Lotse gegenüber der MOPO. „Da kann man nur noch Glück haben.“

Fähre Finkenwerder

Die Hadag-Fähre „Finkenwerder“ wurde bei der Kollision mit dem Frachter schwer beschädigt.

Foto:

dpa

Auch der Schlepper kann dabei nichts retten. Denn jede Kursänderung kommt auf der Seekarte des Bugsier-Boots hinten mit Verzögerung an. „Da noch gegenzusteuern ist schwer möglich“, erklärt ein Schlepper-Kapitän. Im Übrigen handele man nur auf Anweisung des Kapitäns bzw. des Lotsen auf dem Großschiff. Rein theoretisch könnte also auch die Kommunikation zwischen der „Ever Given“ und dem Schlepper ein Teil des Problems gewesen sein.

Möglicherweise war es eine Aneinanderreihung verschiedener Ereignisse. Für Hadag-Chef Tobias Haack zählt nur eins: „Wichtig ist vor allem, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind.“