Mustafa Keskin, der frühere Ditib-Vorsitzende von Göttingen, ist wegen Volksverhetzung und der Billigung von Straftaten verurteilt worden. Der ehemalige Funktionär des deutsch-türkischen Moscheeverbands hatte zwischen 2015 und 2021 mindestens fünf Nachrichten in sozialen Netzwerken und im Internet verbreitet, die Beleidigungen von Juden und Armeniern sowie Verschwörungsmythen enthielten. Das teilte das Amtsgericht Göttingen mit.

Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Keskin muss außerdem eine Geldauflage in Höhe von 1.200 Euro in Raten von jeweils 75 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Zu der mündlichen Verhandlung war der Angeklagte laut Auskunft eines Gerichtssprechers nicht erschienen. Das Urteil sei per Strafbefehl ergangen und noch nicht rechtskräftig.

Keskin hat nach der Zustellung zwei Wochen Zeit, um Einspruch einzulegen. Der in der Hauptverhandlung anwesende Verteidiger habe jedoch signalisiert, dass sein Mandant den Strafbefehl voraussichtlich akzeptieren werde, teilte der Sprecher mit.

Recherche der Falken machte den Fall bekannt

Keskin hatte unter anderem einen Beitrag geteilt, in dem Papst Franziskus und der türkische Rechtsextremist Mehmet Ali Ağca zu sehen sind. Ağca hatte 1981 bei einem Attentat Papst Johannes Paul II. schwer verletzt. Weil Franziskus den Völkermord an den Armeniern als historische Realität anerkenne, müsse er sich nicht wundern, wenn man ihm in den Kopf schieße, hieß es sinngemäß im Text des Beitrags.

Die Nachrichten waren Anfang vergangenen Jahres durch eine Recherche des sozialistischen Jugendverbands Die Falken öffentlich geworden. Keskin hatte daraufhin im Februar 2021 sein Amt abgegeben. Als örtlicher Ditib-Vorsitzender in Göttingen hatte er sich für den interreligiösen Dialog eingesetzt und war unter anderem beim Runden Tisch der Abrahamsreligionen in Göttingen engagiert.

Der Moscheeverband Ditib ist seit Längerem politisch umstritten. Er gilt vielen Politikern von Bund und Ländern als stark beeinflusst durch die konservative AKP-Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Kritiker fordern seit 2016 eine Loslösung von der türkischen Regierung und der Religionsbehörde Diyanet in Ankara. Ditib war insbesondere 2016 in die Schlagzeilen geraten, als Imame in Deutschland offenbar im Auftrag der türkischen Regierung ihre Gläubigen bespitzelt hatten.