Für den früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin wird es nach den abfälligen Äußerungen über in Deutschland lebende Türken eng: Bundesbank-Präsident Axel Weber legte Sarrazin am Samstag indirekt den Rücktritt aus dem Vorstand der Bundesbank nahe.

Jeder hat Verantwortung für die Institution und muss mit sich selbst ins Gericht gehen.
Bundesbank-Präsident Axel Weber

Am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Istanbul sagte Weber, für die Bundesbank sei ein Reputationsschaden entstanden, der schnell behoben werden müsse. Es gehe um die Glaubwürdigkeit der Bundesbank, die ein hohes Ansehen genieße. Dieser Verantwortung müsse sich jeder Mitarbeiter bewusst sein, vom Pförtner über den Sachbearbeiter bis zum Vorstand. Über die Besetzung des Vorstandes entscheidet nicht die Bundesbank selbst, sondern die Politik. Sie kann ihn aber auch nicht einfach abberufen.

"Jeder hat Verantwortung für die Institution und muss mit sich selbst ins Gericht gehen", sagte Weber. Er verwies darauf, dass sich Sarrazin von seinen Äußerungen distanziert und entschuldigt habe. Diese Entschuldigung Sarrazins nannte Weber notwendig und angemessen. Weber sprach dennoch insgesamt von einer "bedenklichen Entwicklung" für die Bundesbank, die ihr geschadet habe. Dieses Verhalten sei nicht mit dem Verhaltenskodex der Deutschen Bundesbank vereinbar.

Sarrazin hatte im Gespräch mit der Berliner Kulturzeitschrift Lettre International unter anderem eine mangelnde Integration vor allem von Türken und Arabern in Berlin kritisiert. Zudem betonte er, andere Migrantengruppen wie Vietnamesen oder einige Osteuropäer hätten weniger Sprachprobleme und integrierten sich besser.

Zugleich hatte Sarrazin zum Rundumschlag gegen seine frühere Wirkungsstätte ausgeholt: Berlin sei insgesamt belastet durch zwei Faktoren: "der 68er-Tradition und dem Westberliner Schlampfaktor. Es gibt auch das Problem, dass 40 Prozent aller Geburten in der Unterschicht stattfinden", sagte Sarrazin in dem Interview. 

Der 64-Jährige ist seit dem 1. Mai im Bundesbank-Vorstand und dort zuständig für Bargeld, Informationstechnologie und Risiko-Controlling. Zuvor war er sieben Jahre Finanzsenator in Berlin und verpasste der hoch verschuldeten Hauptstadt einen rigiden Sparkurs. Schon in dieser Zeit war er mit provokanten Äußerungen aufgefallen.