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Joint Venture mit Porsche geplant Volkswagen will Bugatti an Rimac verkaufen

Herbert Diess hat angekündigt, die unprofitable Luxusmarke Bugatti voraussichtlich an den kroatischen Sportwagenspezialisten Rimac zu veräußern. Zudem setzt sich der Konzernchef ehrgeizige Ziele. Aktionäre honorieren den Ausblick.
Käufer gesucht: VW-Chef Herbert Diess will die Luxusmarke Bugatti los werden

Käufer gesucht: VW-Chef Herbert Diess will die Luxusmarke Bugatti los werden

Foto: Uli Deck/ dpa

Volkswagen wird die unprofitable Luxusmarke Bugatti voraussichtlich an den kroatischen Sportwagenspezialisten Rimac veräußern. Das kündigte Vorstandschef Herbert Diess (62) am Dienstag bei der Präsentation der Bilanz für das Jahr 2020 an. Das manager magazin hatte bereits im September vergangenen Jahres über die bevorstehende Entscheidung berichtet. Die wahrscheinlichste Lösung für Bugatti sei, dass die Marke zunächst an die Tochter Porsche übergeben werde, die dann wiederum ein Joint Venture mit Rimac gründen werde, so Diess. Dabei solle Porsche nur einen Minderheitsanteil an dem Gemeinschaftsunternehmen erhalten. Porsche hatte erst vor wenigen Tagen 70 Millionen Euro investiert und seinen Anteil an Rimac von 15 auf 24 Prozent ausgebaut.

Diess kündigte darüber hinaus an, dass der Konzern in den kommenden Jahren vor allem mit einer neuen Plattformstrategie wieder zu alter Gewinnstärke zurückfinden soll. Die Strategie gleicher Plattformen und Bauteile, die der Konzern zunächst bei Autos mit Verbrennungsmotoren und dann für Elektroautos eingesetzt hat, soll nun auf Software und Batterietechnologie ausgeweitet werden. So sollen Größenvorteile des weltweit zweitgrößten Autobauers nach Toyota besser genutzt und weitere Kosteneinsparungen zwischen den Marken möglich werden. Zugleich will VW den Wandel zu einem Mobilitätsdienstleister, der auch selbstfahrende Fahrzeuge im Angebot hat, beschleunigen.

Als weiteres Ziel hat sich der Konzern die Auslieferung von einer Million elektrifizierten Fahrzeugen gesetzt. Vergangenes Jahr hatte VW bei reinen Elektrofahrzeugen mehr als eine Verdreifachung auf knapp 232.000 Stück gemeldet, bei Plug-in-Hybriden einen Anstieg um 175 Prozent auf über 190.000 Exemplare. Einen festen Zeitpunkt für das Ende des Verbrennungsmotors lehnt VW aber weiter ab und begründete das mit regional unterschiedlichen Arten der Stromerzeugung und regulatorischen Rahmenbedingungen.

"Der Wechsel zur E-Mobilität erfolgt weltweit unterschiedlich schnell, abhängig von der lokalen Gesetzgebung und Verfügbarkeit von CO2-freier Primärenergie", sagte Diess. VW setze eher auf die Marktdurchdringung mit E-Autos: "2030 gehen wir davon aus, dass die Hälfte der Fahrzeuge, die wir weltweit verkaufen, batterieelektrisch angetrieben sein wird." Audi hatte erst am Vortag angekündigt, ab sofort zumindest keine neue Generation von Verbrennungsmotoren mehr zu entwickeln.

Umsatzrendite bald wieder bei 7 bis 8 Prozent

Bei den Erlösen rechnet VW 2021 mit einem bedeutenden Plus, nachdem es 2020 um 12 Prozent auf 223 Milliarden Euro abwärtsgegangen war. Auch die Profitabilität soll zulegen, schnellstmöglich soll das Ergebnis im laufenden Geschäft wieder auf 7 bis 8 Prozent des Umsatzes steigen. Die Ambition ist, 2022 wieder in diese Regionen zu kommen. 2020 hatte es wegen der schwächeren Verkäufe einen Rückgang auf 4,8 Prozent gegeben. Für 2021 peilt das Management 5,0 bis 6,5 Prozent an, möglichst am oberen Ende. In der Mittelfristplanung aus dem November standen für das kommende Jahr noch 6 bis 7 Prozent.

Ein Problem bleibt der Teilemangel bei Halbleitern. "Die Situation ist noch immer unübersichtlich", meinte Diess. "Bisher kommen wir gut durch, haben aber auch eine Produktion von 100.000 Autos verloren, die wir im Jahresverlauf wohl nicht aufholen werden." Der scheidende Finanzchef Frank Witter (62) sagte hierzu: "Wir werden die Auswirkungen im Zaum halten, aber das wird uns das ganze Jahr beschäftigen."

VW-Aktie steigt erstmals seit 2015 wieder über 200 Euro

Die im Dax notierte Vorzugsaktie  von VW legte an der Indexspitze deutlich um 5,4 Prozent auf 205,20 Euro zu und notierten damit erstmals seit 2015 über der Marke von 200 Euro. Die starken Ergebnisse würden vor allem von den Konzerntöchtern Porsche und Audi getragen sowie vom Geschäft mit Finanzdienstleistungen, schrieb NordLB-Analyst Frank Schwope. Das Thema Elektromobilität treibe das Management derweil dynamisch voran. Der Experte ist nun optimistischer und empfiehlt den Titel auch zum Kauf.

Die Vorzugsaktie hat seit Monaten einen guten Lauf, mittlerweile hat der Börsenwert des Konzerns rund 116 Milliarden Euro erreicht. Ende Oktober war die Aktie noch um die 125 Euro wert - seitdem hat sie über 60 Prozent an Wert gewonnen. Mehr und mehr honorieren Investoren den Schwenk von Diess in Richtung Elektroautos und einen schnelleren Umbau des Konzerns in Sachen Vernetzung und Digitalisierung. Die Stammaktien, die zum großen Teil in der Hand der Familienholding Porsche SE sowie dem Land Niedersachsen und einem Staatsfonds aus Katar liegen, schossen am Dienstag sogar um gut 14 Prozent nach oben.

Konzernmarken schneiden besser ab als erwartet

"Das gute Abschneiden im Krisenjahr 2020 gibt uns Rückenwind für die Beschleunigung unserer Transformation", sagte Diess weiter. Die VW-Gruppe konnte - trotz deutlicher Einbußen vor allem im zweiten Quartal - unter dem Strich erneut einen hohen Gewinn einfahren. Nach Steuern blieben rund 8,8 Milliarden Euro in der Kasse. Nimmt man das Jahr vor der Pandemie als Maßstab, wird der Dämpfer allerdings deutlich: 2019 hatte der Konzern noch ein Nachsteuer-Ergebnis von gut 14 Milliarden Euro geschafft.

Die einzelnen Konzernmarken schnitten im vergangenen Jahr meist besser ab als zwischenzeitlich erwartet. Die Hauptsparte VW Pkw schaffte es dank der zweiten Jahreshälfte mit einem Betriebsgewinn von 454 Millionen Euro doch noch in die schwarzen Zahlen. Der Umsatz der Marke brach um ein knappes Fünftel auf 71,1 Milliarden Euro ein. Bei Audi machte sich die Krise mit einem Umsatzminus von 10 Prozent auf 50 Milliarden Euro und einem operativen Ergebnisrückgang um 40 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro bemerkbar.

Gut weg kam Porsche, wo der Umsatz mit 26,1 Milliarden Euro stabil blieb und das operative Ergebnis nur um 5 Prozent auf 4,0 Milliarden Euro sank. Die leichten VW-Nutzfahrzeuge, Seat und der Lkw-Bauer Man meldeten dagegen klare Verluste im laufenden Geschäft. Die VW-Gemeinschaftsunternehmen im Kernmarkt China, deren operative Ergebnisse nicht in die Konzernbilanz einfließen, verdienten mit 3,6 Milliarden Euro etwa 800 Millionen Euro weniger.

CO2-Ziele knapp verfehlt

Zur Bewältigung der Dieselkrise flossen 2020 weitere 2,5 Milliarden Euro aus dem Konzern ab. "Wir werden, was die Auszahlungen betrifft, das 2021 in etwa wieder sehen", sagte Witter. Es geht hierbei um Verpflichtungen etwa aus Prozessen und Vergleichen. 931 Millionen Euro kamen im vorigen Jahr als zusätzliche Ergebnisbelastung hinzu.

Die CO2-Ziele der EU verfehlte der Konzern im vorigen Jahr knapp. Insgesamt konnten allerdings deutliche Einsparungen des Treibhausgases erzielt werden, der Ausstoß sank um gut ein Fünftel. Umweltschützer kritisieren die Berechnung und sehen Schlupflöcher - die reale Klimabilanz vieler Autobauer seit weiter deutlich schlechter als offiziell angegeben.

2021 will VW weitere E-Modelle herausbringen. In den kommenden Jahren soll zudem ein eigenes Netz von Batteriezellfabriken entstehen.

Verdienst des Vorstandschefs kaum gesunken

Trotz des Gewinneinbruchs im vergangenen Jahr ist die Vergütung von Konzernchef Diess kaum gesunken. Dem 62-Jährigen fließt für 2020 eine Gesamtvergütung von 7,7 Millionen Euro zu, knapp 700.000 Euro weniger als im Vorjahr, wie aus dem Geschäftsbericht weiter hervorging. Der operative Gewinn des Konzerns war im vergangenen Jahr wie bereits bekannt wegen der Corona-Krise um 43 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro geschrumpft.

Der Jahresbonus für Diess, der sich am operativen Ergebnis und der Rendite bemisst, halbierte sich zwar auf rund zwei Millionen Euro. Zugleich strich Diess 1,8 Millionen Euro an variabler Vergütung ein, die aus der Umstellung des Vergütungssystems erstmals zufloss. Das ist dreimal mehr als Diess 2019 an Nachzahlungen aus aufgeschobenen Bonuszahlungen erhalten hatte. Dadurch wurde der Rückgang in der Vergütung 2020 gedämpft.

Bei dem 2017 überarbeiteten Vergütungssystem nimmt Volkswagen den Aktienkurs und das Ergebnis je Aktie der zurückliegenden drei Jahre als Grundlage für den langfristigen Bonus (LTI). In der Gesamtvergütung, dem Zufluss, sind zudem Pensionszuwendungen von fast 1,6 Millionen Euro enthalten.

Bereits gestern hatte der Konzern weitere Pläne vorgestellt. So soll ein eigenes Netz von Batteriezellfabriken aufgebaut werden, das E-Autos günstiger machen und die interne Versorgung mit wichtigen Bauteilen absichern soll. Dazu wird der laufende Ausbau des Werks Salzgitter aufgestockt, fünf weitere Zellwerke sollen bis 2030 insgesamt folgen.

mg/dpa-afx, Reuters