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Hockeytown trauert um Eissport-Legenden

Heinz Kuczera, Wolfgang Blümel und Manfred Buder waren sportliche Größen. Nun sind die Weißwasseraner verstorben.

Von Sabine Larbig
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Moises Mogollones hat erst im Vorjahr ein Buch zu 85 Jahren Eissport in Weißwasser herausgebracht. Darin enthalten sind auch Kurzporträts herausragender Spieler von einst bis hin zur Gegenwart. Inzwischen hat das Buch großen Erinnerungswert.
Moises Mogollones hat erst im Vorjahr ein Buch zu 85 Jahren Eissport in Weißwasser herausgebracht. Darin enthalten sind auch Kurzporträts herausragender Spieler von einst bis hin zur Gegenwart. Inzwischen hat das Buch großen Erinnerungswert. © Sabine Larbig

Es fällt ihm schwer, das Buch vor der Kamera zu präsentieren. Dabei könnte Moises Mogollones freudig lachen. Immerhin hat der langjährige Fotograf des Vereins „Eissport Weißwasser“ das Buch mit Texten und vor allem vielen Bildern zu 85 Jahren Eissport in Weißwasser selbst gefertigt. Das Jubiläum wurde 2017 groß gefeiert. Mit dreitägigem Festwochenende samt Legenden-Spiel, Festveranstaltung und einer Wanderausstellung, die auch in Weißwassers Partnerstadt Żary gezeigt wurde. Bei vielen der Veranstaltungen waren Heinz Kuczera, Wolfgang Blümel und Manfred „Manni“ Buder dabei. Moises Mogollones machte Bilder von ihnen und den Ereignissen rund ums Jubiläum, die er in seinem 2020 herausgegebenem Buch, einer Erinnerung an 85 Jahre Eissport Weißwasser, mit verwandte.

Höhepunkt im Jahre 1960

Kein Wunder. Die drei Männer sind Urgesteine der Eissporttradition in Weißwasser, machten sich als Spieler der SG Dynamo weltweit einen Namen. Schließlich spielten alle drei in der DDR-Nationalmannschaft mit und hatten mit ihr den Höhepunkt ihrer internationalen Karriere im Jahr 1960. Damals, bei den Ausscheidungsspielen für die Olympischen Spiele, traten sie im amerikanischen Squaw Valley mit gegen die Mannschaft der BRD an. Nach 2:5- und 3:5-Niederlagen konnte das DDR-Team leider nicht seinen Traum von Olympia verwirklichen. Aber als ganz Große der deutschen Eishockey-Geschichte zählen seither Heinz Kuczera, Wolfgang Blümel und Manni Buder. Entsprechend groß war die Trauer der weltweiten Fangemeinde, als kürzlich der Tod der Weißwasseraner Legenden bekannt wurde. Auch Moises Mogollones kann es noch nicht fassen. „Hier, diese Seite, die ist Wolfgang und Manni gewidmet“, erzählt er und sagt: „Danke, ihr drei – für alles, was ihr für Weißwasser und den Eissport getan habt!“.

Das war nicht wenig. Wolfgang Blümel, 1927 geboren, spielte schon Anfang der 40er-Jahre in der schlesischen Auswahl um die Deutsche Jugendmeisterschaft. Nach dem II. Weltkrieg und der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete er als Schlosser im Spezialglaswerk „Einheit“ und trainierte in der Freizeit auf dem Braunsteich, wo Eishockey wieder zu seinem Lebensinhalt wurde. 1950/51 gewann er bereits die erste DDR-Meisterschaft für Weißwasser mit. Insgesamt holte Blümel in seiner aktiven Laufbahn elf Meistertitel, trug 56 Mal das Trikot der Nationalmannschaft der DDR und arbeitete nach Ende seiner Spielerkarriere 1961 als Trainer der Dynamo-Mannschaft und der Junioren.

Ein Sport, drei Männer, viele Erfolge

Auch der 1935 geborene Heinz Kuczera begann als 20-Jähriger seine sportliche Karriere, in der er zwischen 1955 und 1965 mit Dynamo Weißwasser mehrfach DDR-Meister wurde. Für die Nationalmannschaft der DDR kam Kuczera 90 Mal zum Einsatz, darunter bei vier Weltmeisterschaften und dem Olympia-Ausscheidungsspiel. Nach seinem Karriereende 1965 war er im Trainerstab der Dynamos tätig und dabei, als Weißwasser 1990 den letzten und gleichzeitig den 25. DDR-Meistertitel holte. Bis Anfang der 2000er gab er sein Wissen und Können an die jüngsten Eissportler weiter.

Nur knapp zwei Wochen nach seinem 85. Geburtstag verstarb kürzlich auch Manfred Buder. Der 1936 im heutigen Tschechien Geborene errang als Aktiver von 1950 bis 1970 mit Dynamo zehn DDR-Meistertitel, galt in den späten 1960er-Jahren als einer der besten Verteidiger der Welt und war festes Mitglied der DDR-Nationalmannschaft, mit der er 1966 seinen größten internationalen Erfolg, den Gewinn der EM-Bronzemedaille, feierte. Manni Buder spielte zudem bei sieben Weltmeisterschaften mit und war 1968 bei den Olympischen Spielen in Grenoble dabei. Insgesamt absolvierte er 202 Länderspiele, wodurch er sogar den Einzug in die Hockey Hall of Fame Deutschland schaffte.

In Weißwasser sind Trauer und Entsetzen groß, dass diese drei Kämpferherzen nun aufhörten zu schlagen. Noch vorige Spielsaison, vor Corona, sah man sie mehr oder weniger oft in der Eishalle die Spiele der Lausitzer Füchse verfolgen und im Fuchsbau mit Fans plaudern. So, wie es schon im alten Fuchsbau der Fall war. Sie waren und blieben bodenständig, hatten stets „das Ohr an der Masse“, ein Herz für den Eissport und ihre Heimatstadt Weißwasser. Und für viele spätere Talente waren die drei nicht nur Vorbilder, sondern auch Förderer und Ausbilder.

So, wie für Hartwig Schur. Der Nachwuchs-Erfolgstrainer von Weißwasser – er ging 2015 öffentlich in den Ruhestand – hatte zuvor als Verteidiger über 50 Jahre erfolgreich auf nationalem und internationalem Eis gestanden, feierte danach als Trainer von Spielergenerationen große Erfolge und bezeichnete Manni Buder mehrfach als seinen Lehrmeister.

Erinnerungen und Ehrungen

Einer, der Manfred Buder ebenfalls sehr gut und seit seiner Kindheit kannte, ist der Ex-Spieler und heutige Lausitzer Füchse-Geschäftsführer Dirk Rohrbach. „Zuerst bin ich mit Manni und meinem Opa auf dem Braunsteich mit ’rumgeschlittert, hab ihnen staunend zugehört, wenn sie von ihren Erlebnissen in der Kriegsgefangenschaft erzählten. Später war Manni mein Übungsleiter im Nachwuchsbereich. Davon habe ich noch viele Videoaufnahmen“, erzählt Dirk Rohrbach. „Und er hat mir gesagt, ich sei talentiert, müsse aber weiter hart arbeiten. Dass gerade mein Idol dies zu mir sagte, machte mich stolz und hat mich motiviert.“

Vorbilder waren Kuczera, Blümel und Buder bis zuletzt für viele Menschen. Dazu gehörten Füchse-Spieler, die in der Nachbarwohnung von Manfred Buder wohnten und oft mit ihm fachsimpelten. Aber auch Einwohner der Stadt, die bewunderten, wie die betagten Eishockey-Legenden beispielsweise regelmäßig Rad fuhren. Und Füchse-Fans, die sie oft bei Spielen in der Eishalle trafen.

Nun bleibt Hockeytown nur die Erinnerung, müssen Fans Abschied nehmen. Da bereits die offizielle Spielsaison beendet ist, konnten Eissportverein und „Lausitzer Füchse“ dies bisher nur per Nachruf und nur bei Heinz Kuczera mit einer Schweigeminute in der Eisarena tun. Doch die Erinnerungen sollen und werden in Weißwasser weiterleben.

Nicht nur, weil Fotos und Pokale im Traditionskabinett aufbewahrt, die Sportler und ihre Erfolge in Wikipedia oder Büchern wie von Moises Mogollones erwähnt und Zeugnisse ihres sportlichen Könnens bei weltweiten Fernsehanstalten archiviert sind und erhalten werden.

Ehrung in der Eishalle

Bewahrt werden soll ihr Andenken ebenso wie das vieler anderer Ikonen, Legenden und Leistungsträger des Weißwasseraner Eissports künftig auch öffentlich sichtbar in der Eishalle. So, wie es andere Klubs bereits praktizieren.In welcher Form das in Hockeytown passieren wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Denkbar, so EHC-Geschäftsführer Dirk Rohrbach, seien Fotos aller Ikonen – „da gibt es aber sehr viele“ – oder Mannschaftsposter ab schlesischer Meisterschaft. „Noch sammeln wir praktikable, tolle Ideen, um künftig alle Beteiligten an Weißwassers Eissport-Tradition we

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