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Tübingen Theologe Hans Küng ist tot

Hans Küng ist gestorben. Der Kirchenkritiker wurde 93 Jahre alt. Seine Stiftung trauert um »einen visionären Vordenker für eine gerechtere und friedlichere Welt«.
Hans Küng (Archivbild aus dem Jahr 2004)

Hans Küng (Archivbild aus dem Jahr 2004)

Foto: Marijan Murat/ picture-alliance/ dpa

Der Theologe und Kirchenkritiker Hans Küng ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 93 Jahren in Tübingen, wie eine Sprecherin der Stiftung Weltethos sagte. Er sei friedlich in seinem Haus eingeschlafen.

Küng hatte die Stiftung, die sich für konfessionsübergreifende ethische Normen einsetzt, 1995 gegründet. »Mit Hans Küng verlieren wir den charismatischen und menschlich beeindruckenden Gründer der Stiftung und einen visionären Vordenker für eine gerechtere und friedlichere Welt«, sagte Eberhard Stilz, Präsident der Stiftung Weltethos. »Mir war und bleibt es eine große Ehre, sein Werk in der Stiftung fortzuführen«.

In den vergangenen Jahren hatte sich Küng wegen seines Gesundheitszustands zunehmend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Er litt unter anderem an Parkinson, wie er in seiner Autobiografie öffentlich machte.

Weil Küng die Unfehlbarkeit des päpstlichen Lehramts anzweifelte, ließ Papst Johannes Paul II. ihm 1979 die kirchliche Lehrerlaubnis entziehen. Der Tübinger Theologieprofessor prangerte aber auch danach immer wieder die mächtige Position des Papstes an und bezeichnete die Kirche deshalb als Diktatur. In seinen Büchern und Vorträgen trieb er den Dialog zwischen den Weltreligionen voran.

Küng hatte Missstände auch gegenüber dem SPIEGEL angesprochen. »Es brodelt in der Kirche schon seit Langem. Am deutlichsten zeigt sich das an der jahrzehntelangen Vertuschung sexueller Übergriffe von Klerikern gegen Kinder«, sagte er in einem Interview im Jahr 2011. »Wir haben seit dem Konzil in den Sechzigerjahren Zehntausende von Priestern verloren, Hunderte von Pfarrhäusern sind ohne Pfarrer, Männer- wie Frauenorden sterben aus, sie finden keinen Nachwuchs mehr. Der Gottesdienstbesuch sinkt ständig.«

Trauer um einen »anerkannten und streitbaren Forscher«

Küng war im März 1928 als Sohn eines Schuhhändlers in der Schweiz geboren worden. Mit 20 Jahren begann er sein Studium an der Päpstlichen Universität in Rom. Er wurde Seelsorger an der Luzerner Hofkirche, entschied sich dann aber für eine akademische Laufbahn und ging als wissenschaftlicher Assistent nach Münster. 1960 wurde er Professor in Tübingen, wo er für den Rest seines Lebens wohnte. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65) ernannte Papst Johannes XXIII. ihn zusammen mit Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., zum Berater.

Doch schon beim Erscheinen seiner Doktorarbeit 1957 legte die Glaubenskongregation ein Dossier über den Theologen an. 1967 verbot die Kurie die Übersetzung von Küngs Buch »Die Kirche«. Er hielt sich nicht daran, der Titel wurde zum Bestseller und Küng zu einem der prominentesten Theologen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, würdigte den Verstorbenen als »anerkannten und streitbaren Forscher«. Küng habe es sich nie nehmen lassen, für seine Überzeugungen einzutreten. »Auch wenn es diesbezüglich Spannungen und Konflikte gab, danke ich ihm in dieser Stunde des Abschieds ausdrücklich für sein jahrelanges Engagement als katholischer Theologe in der Vermittlung des Evangeliums«, schrieb Bätzing.

bbr/dpa