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Sogar für Gangbang-Partys mit Schwangeren wird geworben

Politik-Redakteurin
Berlin ist ein riesiger Freiluft-Puff

Anwohner schimpfen: Berlin ist ein riesiger Puff. Prostituierte würden immer öfter direkt neben Spielplätzen und Schulen arbeiten. Es müsse Sperrbezirke und mehr Kontrollen auf dem Straßenstrich geben.

Quelle: WELT

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Die Union will den Schutz schwangerer Prostituierter weiter ausdehnen als bislang geplant.
  • Man wolle nicht ins Recht auf freie Berufsausübung eingreifen, aber es gehe um die Würde der Frau und des Ungeborenen.
  • Leider gebe es inzwischen einen Markt für Sex mit hochschwangeren Frauen.
Warum das wichtig ist:
Neben der Gefahr von Infektionen sei die emotionale Situation der schwangeren Prostituierten „absolut schädlich für die Entwicklung des Kindes im Mutterleib“, sagt ein Psychiater.

Die Union will sich im Rahmen der Beratung über das Prostituiertenschutzgesetz dafür einsetzen, den Schutz schwangerer Prostituierter weiter auszudehnen als bislang geplant. „Wir gehen davon aus, dass wir nicht nur die Würde der Frau besser schützen müssen, sondern auch die des ungeborenen Kindes“, sagte der Vorsitzende des Familienausschusses, Paul Lehrieder (CSU), der „Welt“. Natürlich wolle die Union nicht in das Recht auf freie Berufsausübung eingreifen. „Der Schutz des Kindes geht aber vor.“

Bisher ist in dem Gesetzentwurf vorgesehen, dass ab einem Zeitpunkt von sechs Wochen vor der Geburt keine Anmeldebescheinigungen für Prostituierte mehr ausgestellt werden dürfen. Lehrieder setzt sich dafür ein, diese Frist weiter auszudehnen und mit einem Beschäftigungsverbot für Hochschwangere zu flankieren. Leider gebe es inzwischen einen Markt für Sex mit hochschwangeren Frauen. „Dieses Geschäftsmodell sollten wir mit Rücksicht auf die Würde des Kindes unterbinden.“

Für eine solche Regelung hatten sich in der öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag auch zahlreiche geladene Experten ausgesprochen.

Der Gynäkologe Wolfgang Heide, der sowohl in seiner Heidelberger Praxis als auch in der Mannheimer Beratungsstelle „Amalie“ ehrenamtlich Prostituierte betreut, berichtete: „Das Unwürdigste ist, dass es einen Markt für Freier gibt, die besonders auf schwangere Frauen stehen und dafür gerne mehr bezahlen.“ Sogar mit Gangbang-Partys mit schwangeren Frauen werde in Annoncen geworben.

„Wie soll das gehen bei 15 bis 40 Freiern am Tag?“

Für ihn als Frauenarzt und Geburtshelfer seien solche Situationen „am Rande des Erträglichen“, so Heide. „Wir Frauenärzte sind für das Wohl von Mutter und ungeborenem Kind zuständig. Wie soll das gehen, wenn die werdende Mutter zwischen 15 und 40 Freier am Tag bedienen muss?“

Zum Schutz von Mutter und ungeborenem Kind forderte er ein generelles Beschäftigungsverbot – auch schon vor der 34. Schwangerschaftswoche. Alles andere sei „schlicht und einfach unmenschlich“, so Heide. „Ich appelliere an den Mut der Abgeordneten, Schwangere aus der Prostitution herauszunehmen.“ Es müsse möglich sein, diesen Frauen dann Hartz IV zuzusprechen.

Auch der Kinder- und Jugendpsychiater Lutz-Ulrich Besser sprach sich in seiner Stellungnahme für ein Beschäftigungsverbot für Schwangere aus. Derzeit gebe es einen „profitablen und pervertierten Markt für Sex mit Schwangeren“. In der Praxis würden Frauen sogar „gezielt geschwängert, um die passenden Freier zu bedienen“. Viele gingen dann für Spätabtreibungen ins Ausland oder gäben ihre Kinder nach der Geburt zur Adoption frei, sagte Besser.

„Die Frauen werden weiterarbeiten – in der Illegalität“

Neben der Gefahr von Infektionskrankheiten seien der Stress und die emotionale Situation der schwangeren Prostituierten bei der Ausübung von Sex am Fließband „absolut schädlich für die Entwicklung des Kindes im Mutterleib“, so der Psychiater.

Rechtswissenschaftler Gregor Thüsing von der Universität Bonn plädierte zumindest für ein generelles Tätigkeitsverbot für Schwangere sechs Wochen vor der Geburt. „Selbst wenn eine Gefährdung der eigenen Gesundheit zur Disposition der schwangeren Prostituierten stehen mag, so steht die Gefährdung des ungeborenen Lebens nicht zur Disposition der Prostituierten“, schrieb Thüsing in seiner Stellungnahme.

In der Praxis dürfte ein solches Beschäftigungsverbot für Schwangere dennoch schwer umzusetzen sein, gab Andrea Hitzke vom bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel zu bedenken: „Die Lebensrealität ist: Die Frauen werden trotzdem weiterarbeiten – dann eben in der Illegalität.“

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