Online-Enzyklopädie: Chefin der Wikipedia-Stiftung tritt zurück
Die ehrenamtlichen Autoren der Wikipedia und der Führungszirkel des Projekts liegen im Clinch. Jetzt muss die Chefin gehen - wegen verheimlichter Pläne für eine Suchmaschine.
In der Wikipedia-Führungsebene gibt es einen Abgang: Streitigkeiten um Pläne für eine Suchmaschine haben sich so verschärft, dass die Chefin der Wikimedia Foundation, Lila Tretikov, zurückgetreten ist. Das gab die Stiftung in einem Blogeintrag bekannt. Tretikovs letzter Arbeitstag bei der Wikimedia Foundation, der gemeinnützigen Stiftung hinter der Wikipedia, wird demnach der 31. März sein.
Radikale Transparenz als Ziel
Viel schwerwiegender: Die Community, die ehrenamtlichen Schreiber, wussten lange nichts von diesen Plänen der Stiftung und bekamen nur häppchenweise Informationen geliefert. Dabei ist radikale Transparenz die wichtigste Leitlinie des Wikipedia-Projekts. Die Dokumente zu der Suchmaschine, mittlerweile auch unter dem Titel "Wikimedia Discovery" geführt, wurden von Tretikov erst spät vorgelegt, als der Unmut schon groß war.
Entscheidend zu Tretikovs Abgang dürfte nun beigetragen haben, dass Tretikov auch innerhalb der Stiftung selbst umstritten war, nicht nur wegen des Umgangs mit der "Knowledge Engine". Angestellte hatten sich schon länger über ihren Führungsstil beschwert.
Wikimedia wurde 2003 in den USA gegründet, quasi als Verwaltungsarm des Projekts Wikipedia. Die Stiftung betreibt die Seite, bezahlt die Server und hält die Markenrechte an der Wikipedia-Weltkugel. Es gibt außerdem verschiedene Regionalableger, zum Beispiel Wikimedia Deutschland.Das Projekt ist tief gespalten
Die Basis der Wikipedia ist traditionell selbstbewusst und pocht auf Mitbestimmung. Die Stiftung hat es dementsprechend nicht leicht: Viele Autoren sehen in der straff organisierten und finanziell dick gepolsterten Stiftung einen Wasserkopf oder schlimmer noch: eine Verletzung des egalitären Grundgedankens der Wikipedia.
Welches Produkt die mittlerweile zusammengestutzten Pläne für die "Knowledge Engine" letztlich ergeben sollen, ist immer noch unklar. Wikimedia-Äußerungen stehen im Widerspruch zu den Inhalten der mittlerweile veröffentlichten Dokumente. Wikipedia-Gründer Jimmy Wales nannte die Gerüchte um einen Suchmaschinen-Konkurrenten für Google "eine absolute Lüge". Es gehe vielmehr darum, das Online-Lexikon und seine Ableger besser durchsuchbar zu machen.
gru
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dpa
dpa
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