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Nordrhein-Westfalen Kriegsverbrecher

„Abu Dhib“ soll Menschen entführt und gefoltert haben

Mit seinem Anwalt (rechts) erscheint der Angeklagte Ibrahim A. in Düsseldorf vor Gericht: Ihm wird vorgeworfen, in Aleppo Menschen entführt und gefoltert zu haben Mit seinem Anwalt (rechts) erscheint der Angeklagte Ibrahim A. in Düsseldorf vor Gericht: Ihm wird vorgeworfen, in Aleppo Menschen entführt und gefoltert zu haben
Mit seinem Anwalt (r.) erscheint der Angeklagte Ibrahim A. in Düsseldorf vor Gericht: Ihm wird vorgeworfen, in Aleppo Menschen entführt und gefoltert zu haben
Quelle: dpa
Vor fünf Jahren soll ein Mann als Chef einer Stadtteilmiliz in Aleppo für Angst und Schrecken gesorgt haben. Im beschaulichen Münster hat ihn seine Vergangenheit eingeholt. Jetzt droht ihm lebenslange Haft.

Ein mutmaßlicher syrischer Milizenführer und Kriegsverbrecher steht in Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht. Der 42-Jährige soll von einem seiner Opfer in Münster wiedererkannt worden sein. In Aleppo habe er monatelang eine grausame Schreckensherrschaft in einem der Stadtviertel ausgeübt, Gefangene entführt und tagelanger Folter ausgesetzt, berichtete die Bundesanwaltschaft am Montag.

Mehrere Gefangene seien dabei ums Leben gekommen. In einigen Fällen habe er auch selbst gefoltert. Zu den Vorwürfen wolle sich sein Mandant derzeit nicht äußern, sagte Verteidiger Martin Heising. „Wir haben in den Aussagen der Zeugen erhebliche Widersprüche entdeckt.“ Es handele sich um ein komplexes Verfahren, das Jahre dauern könne. Die Zeugen lebten verteilt über mehrere europäische Länder.

Am 6. April vergangenen Jahres hatte eine Spezialeinheit den Verdächtigen in Münster festgenommen. Die Bundesanwaltschaft schilderte am Montag die Folterpraktiken, für die der in Aleppo geborene Angeklagte und seine Miliz verantwortlich sein sollen.

Folterraum soll voll mit Blut gewesen sein

Sein Unwesen habe der Mann unter dem Kampfnamen „Abu Dhib“ („Vater des Wolfes“) getrieben. So habe die Miliz, die der Freien Syrischen Armee angehört habe, Leute auf der Straße entführt, an Ketten gefesselt an die Decke gezogen und tagelang mit Eisenstangen, Knüppeln, Kabeln und Schläuchen zum Teil bewusstlos geprügelt. Messer und Elektroschockstäbe hätten bei den Opfern bleibende Narben hinterlassen. Dabei sei auch ein klappbarer Foltertisch zum Einsatz gekommen, der „Fliegender Teppich“ genannt worden sei.

Den Opfern sei vorgeworfen worden, vom Islam abgefallen, ungläubig, Kurde, ein Spion oder Unterstützer des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu sein. Die überlebenden Opfer seien freigelassen worden, wenn Angehörige ausreichend Lösegeld gezahlt oder sich verpflichtet hätten, für die mit Kalaschnikows bewaffnete Miliz zu arbeiten. Die Wohnungen der Opfer seien geplündert worden.

Im Fall der beiden Folteropfer, die starben, sollen diese so schwer misshandelt worden sein, dass der ganze Raum voll Blut gewesen sei und die Männer tagelang nicht hätten sprechen können.

Angeklagtem droht lebenslange Haft

Dem 42-Jährigen wird konkret vorgeworfen, mit seinen Männern mindestens acht Gefangene gefoltert zu haben. Eines der Opfer sei daran gestorben, ein weiteres sei aus ungeklärten Gründen ums Leben gekommen. Der Beschuldigte und seine mindestens 150 Milizionäre der „Ghoraba-as-Sham“ („Die Fremden von Syrien“) sollen sich den Ermittlern zufolge auch durch Plünderungen bereichert haben.

Wie der Mann nach Deutschland kam, wurde nicht mitgeteilt. Die Anklage legt ihm Kriegsverbrechen nach dem Völkerstrafrecht und erpresserischen Menschenraub zur Last. Das Gericht unter Vorsitz von Richter Frank Schreiber hat zunächst Verhandlungstermine bis in den September vorgesehen.

Dem Angeklagten droht lebenslange Haft. Es komme – abhängig vom psychiatrischen Gutachten – auch eine Unterbringung in der Psychiatrie oder im Maßregelvollzug in Betracht, teilte Schreiber mit. Der Prozess wird am 29. Mai fortgesetzt.

Letzte Kämpfer verlassen Aleppo

Aleppo steht nach Angaben der Armee unter Kontrolle der Assad-Regierung. Demnach haben die letzten Kämpfer die frühere Wirtschaftsmetropole verlassen.

Quelle: Die Welt

dpa/bar

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